Schwanendrama in Hohenschwangau

Hohenschwangau - Alle sind sie genervt in Hohenschwangau. Die Einwohner, die Geschäftsleute, die Hoteliers: von zwei recht selbstbewussten Schwänen, die seit Herbst durchs Dorf ziehen und vehement um Futter betteln.
Denn während ihre Artgenossen gründeln, also den See nach Algen und Kleingetier absuchen, bevorzugen die Hohenschwangauer Vögel frische Semmeln. "Sie haben nie gelernt, selbständig Futter zu suchen. Sondern, darum zu betteln", sagt Hans Hack vom Bund Naturschutz (BN).
Ursache des Problems seien die Touristen. Denn im Sommer, wenn ein Bus nach dem anderen Zigtausende auf dem Weg nach Neuschwanstein auspuckt, fällt am Wanderweg rund um den Alpsee auch Allerlei für die Wildtiere ab.
"Die Leute kaufen sich Hotdogs und Semmeln am Imbiss oder haben Proviant und Kekse in der Tasche und geben das den Schwänen zu fressen", so der Tierschützer.
Lernen die Tiere noch ein natürliches Verhalten?
Das Problem: jetzt, im Winter, wo die Touristen ausbleiben, müssten die Schwäne selbst tätig werden. Und das werden sie, allerdings auf recht unnatürliche Art: "Die sitzen dann vor den Geschäften und warten, bis jemand rauskommt", sagt Hack. "Oder laufen mit den Touristen mit. Sie wissen genau: wenn einer eine Tasche bei sich trägt, ist da Futter für sie drin."
Dabei sind sie sehr geschickt: "Selbst, wenn sie schon total vollgefressen sind, tun sie so, als würden sie verhungern", sagt Hack. Er geht davon aus, dass die Schwäne ein natürliches Verhalten nicht mehr lernen. Sie haben jegliche Scheu vor Menschen verloren, sind teils aggressiv.
Tierquälerei, findet Hack. Denn Schwäne fühlten sich im Wasser wohl, nicht auf der Straße. Zudem bekämen sie bereits Frostbeulen an den Füßen.
Ursprünglich tummelten sich sogar vier Schwanenkinder plus Muttertiere im Ort – sie ließen die Kleinen damals noch nicht allein. "Die Hoteliers haben mehrfach versucht, sie von der Straße wegzulocken. Aber ohne Erfolg." Mittlerweile sind die anderen Jungtiere samt Eltern wohl im Winterquartier am nahegelegenen Lech, vermutet Hack. Dort gibt es Stellen, an denen das Wasser nicht zufriert und die so genug Futter für die Tiere bieten.
Für die beiden zurückgebliebenen Schwanenkinder gibt es jetzt zumindest ein wenig Hoffnung: Seit zwei Wochen füttern ehrenamtliche BN-Helfer sie zwei Mal täglich am Alpsee, morgens und abends. "Bislang sind sie noch nicht in den Ort zurückgekommen", sagt Hack.
Verlegung des Wanderweges als Lösung?
Er hofft nun auf eine Lösung, um Touristen und Wildtiere künftig zu trennen. Die Verlegung des Wanderweges rund um den Alpsee wäre eine Lösung.
In München kämpft man indessen mit anderen Problemen, erzählt Judith Brettmeister vom Tierschutzverein. Dort fressen die Wasservögel teils abgeschnittene Angelhaken, die Löcher in ihren Hals bohren. Eine weitere Gefahrenquelle seien Kanuten an der Floßlände, die sich beim Wassersport gestört fühlten. "Ein Schwan wurde mal so arg mit einem Paddel geschlagen, dass er das nicht überlebte."