Schummeldoktoren und Pfarrerstöchter

"KT" unter Beschuss. Söder und Beckstein bewiesen wieder einmal Kreativität in Sachen Kostüm
von  dpa

VEITSHÖCHHEIM Echte und unechte Doktoren, ein Umweltminister als Hardrocksänger und ein Ex-Ministerpräsident als Verführungskünstler: Bei der „Fastnacht in Franken“ in Veitshöchheim
tummelte sich am Freitagabend wieder allerhand Politprominenz, versteckt hinter farbenfroher Schminke, ausladenden Perücken und originellen Kostümen. Derjenige, über den die Narren geradezu eimerweise Hohn und Spott ausschütteten, war jedoch nicht da: Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU). Die angeblichen Schummeleien des Verteidigungsministers bei seiner Doktorarbeit waren die Steilvorlage für die Lästermäuler.

„Fühlt Ihr Euch schlapp und Euch fehlen die geistigen Mittel, dann schreibt doch einfach ab, dann schafft auch Ihr den Doktortitel. Doch lasst Euch nicht erwisch', sonst ist der Doktortitel vom  Tisch“, feixte der Barde Oti Schmelzer. Fastnachtsliebling Michl Müller aus der Rhön hatte fast ein wenig Mitleid mit „KT“: „Er schaut schlecht aus. Hoffentlich wird er nicht krank, jetzt wo er keinen Doktor mehr hat.“

Kein Reizthema wurde ausgelassen

Bei der live im Bayerischen Fernsehen ausgestrahlten Prunksitzung des Fastnacht-Verbandes Franken ließen die Komiker und Kabarettisten auch sonst kaum ein Reizthema aus. Die  Milliardenverluste der BayernLB, das ständige Bahnchaos, die Rivalität Bayern-Franken und natürlich die Arbeit der Politik lieferten reichlich Material für die Bütt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bekam den Stempel „Männerschreck“ aufgedrückt. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin wurde als „Ausbund an Scheinheiligkeit“ bezeichnet, und über
Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte Reimspezialist Peter Kuhn: „Der fällt noch mal die Nase lang, vor Hochmut und vor Geltungsdrang.“ Oti Schmelzer frotzelte: „Gott schütze unser Land vor Bayern, Pest und Brand, vor Irren, die mit Bomben schmeißen, und Pfarrerstöchtern, die Merkel heißen.“

Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) – sie kam als Komikfigur „Engel Aloisius“ in weiß-blauem Rautenhemd – traf es besonders hart. Plüsch-Nilpferd Amanda von Bauchredner Pierre Ruby wollte mit Herrn Haderthauer kuscheln. „Christine, mach' Platz, zack, zack“, befahl Amanda und setzte sich zum Mann der Ministerin.

Zusammen mit dem als „SPD-Harmonists“ ganz in rot gekleideten Landtagsfraktionschef Markus Rinderspacher musste Haderthauer auf die Bühne. „Sie sollen jetzt gleich den Mund auf und zu machen, ohne dabei etwas zu sagen“, erklärte Ruby den verdutzten Politikern. Während er in verschiedenen Tonlagen bauchredete, befolgten beide wie Puppen die Befehle des Komikers. So mancher der etwa 600 Menschen in den Mainfrankensälen konnte sich da die Lachtränen nicht verkneifen.

Erfolg steigt leicht zu Kopf

Viel gelacht wurde auch beim Comedyduo Martin Rassau und Volker Heißmann, bundesweit bekannt als die schrulligen Witwen „Waltraud und Mariechen“. Heuer als Finanzbeamte unterwegs schmetterten sie dem als Bandmitglied der Hardrock-Gruppe Kiss kostümierten Umweltminister Markus Söder (CSU) entgegen: „Man muss aufpassen, Herr Söder, Erfolg steigt leicht zu Kopf, wenn der entsprechende Hohlraum vorhanden ist.“ Nicht viel besser erging es Innenminister Joachim Herrmann (CSU), wie im Vorjahr als Sheriff verkleidet: „Herr Herrmann, da haben Sie nen Fünfer, kaufen Sie sich mal ein neues Kostüm.“

Für Buhrufe sorgte abermals die Altneihauser Feierwehrkapell'n. „Ihr Franken habt für München Charme wie Wurmfortsatz und Reizblinddarm“, trällerten die Musiker aus der Oberpfalz und setzten
noch einen drauf: „Der Rat der Zukunft hat befohlen, Franken wird verschenkt an Polen, die es gar nicht wo(l)len. Die Oberpfalz kommt zur Tschechei und Niederbayern zur Türkei.“

BR-Quotenrenner  

Die Frankenfastnacht ist alljährlich der Quotenrenner im Bayerischen Fernsehen. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hatte dieses Jahr abgesagt, weil er zuvor bei der Trauerfeier für die drei
in Afghanistan getöteten Soldaten war. Anders sein fränkischer Amtsvorgänger und Parteifreund Günther Beckstein: Pompös kostümiert als Verführungskünstler Casanova fassten ihn die Jecken mit Samthandschuhen an. „Beckstein, Sie werden immer unser heimlicher Landesvater bleiben“, begrüßte ihn Entertainer Oliver Tissot. dpa

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