Schulze über NSU-Aufklärung: "Kann Herrn Seehofer keinesfalls zustimmen"

Um Rechtsextremismus und Rassismus zu begegnen, müsse der Staat in Polizei und Justiz investieren, die Aus- und Weiterbildung von Polizisten stärken und mehr Geld in Demokratiebildung und Prävention stecken, argumentiert Katharina Schulze (Grüne).
von  Lisa Marie Albrecht
Katharina Schulze.
Katharina Schulze. © picture alliance/dpa

München - Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag, Katharina Schulze, sieht dringenden Handlungsbedarf, um gegen rechte Strukturen vorzugehen. "Rechter Terror hat sich seit dem NSU verändert", sagte die innenpolitische Sprecherin der Grünen am Dienstagabend im Münchner Presseclub.

Schulze: Mehr Geld in Demokratiebildung und Prävention stecken

"Der Terror ist digitaler, internationaler und ein Stück weit 'alleiner' geworden", so Schulze mit Blick auf die rechten Taten von Halle und Hanau, bei denen sich die Täter vor allem isoliert im Netz radikalisierten.

Um Rechtsextremismus und Rassismus zu begegnen, müsse der Staat in Polizei und Justiz investieren, die Aus- und Weiterbildung von Polizisten stärken und mehr Geld in Demokratiebildung und Prävention stecken. "Es gibt Vorschläge und Lösungen, die endlich umgesetzt gehören", sagte die 36-Jährige.

Mit Blick auf die Aufklärung im NSU-Komplex wies sie unter anderem auf Versäumnisse im bayerischen Untersuchungsausschuss hin. Die Ansicht von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), die Konsequenzen aus dem Behördenversagen seien gezogen worden, teilt Schulze nicht.

Horst Seehofer.
Horst Seehofer. © Britta Pedersen/dpa

Seehofer hatte gesagt, zwar sei es nicht möglich gewesen, alle Fragen restlos zu beantworten. "Aber die Handlungsempfehlungen für die Bereiche Polizei, Justiz, Nachrichtendienste und Demokratieförderung sind weitestgehend umgesetzt."

Schulze sagte: "Ich kann Herrn Seehofer keinesfalls zustimmen." So sei etwa eine von den Grünen geforderte Kommission, die die beschlossenen Änderungen im U-Ausschuss hätte überprüfen sollen, von der CSU abgelehnt worden. Auch eine verstärkte parlamentarische Kontrolle des bayerischen Verfassungsschutzes sowie eine tatsächliche Neuaufstellung der Behörde sieht sie bis heute nicht umgesetzt.

Rechtsanwalt Daimagüler: "Es hat sich nicht genug getan"

Dennoch habe die Selbstenttarnung des NSU eine große Debatte ausgelöst. Kritischer äußerte sich der Rechtsanwalt Mehmet Daimagüler, der im NSU-Prozess als Vertreter der Nebenklage auftrat. Er sieht das Gerichtsverfahren als "Chronik einer verpassten Chance", echte Aufklärung zu leisten.

Mehmet Daimagüler.
Mehmet Daimagüler. © picture alliance/dpa

Die Rolle des Verfassungsschutzes und der Umgang mit V-Leuten seien bis heute um Unklaren. Daimagüler sieht in Bayern noch immer Aufklärungsbedarf bei lokalen rechten Netzwerken und prangerte auch das "Racial Profiling" an - also das auf stereotypen Merkmalen wie etwa der ethnischen Zugehörigkeit basierende Ermitteln von Beamten. Diese Praxis sei bis heute "Realität in diesem Land", so der Jurist. Sein Fazit: "Es hat sich nicht genug getan."

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