Schulausfall wegen Coronavirus bis Ostern?
München (dpa/lby) - Das Coronavirus bremst Bayern immer weiter aus. Ab Montag bleiben für die kommenden fünf Wochen landesweit alle Schulen, Kindertagesstätten und Krippen geschlossen - am 6. April gehen in Bayern die Osterferien los. Die Staatsregierung verhängte am Freitag zudem weitreichende Auflagen für den Besuch von Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen. Am Sonntag soll die Kommunalwahl aber trotz der steigenden Infektionszahlen stattfinden. Flächendeckende Schließungen von Gaststätten, Bars und Restaurants wie in anderen Ländern sind bisher nicht geplant.
"Da es keine Medikamente gibt, sind wir darauf angewiesen, andere Maßnahmen zu ergreifen, um die Ausbreitung zu verlangsamen", sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Freitag in München. Er betonte, dass die kommenden fünf Wochen für eine Eindämmung der Infektionen zunächst "ganz entscheidend" seien. Ob die Maßnahmen verlängert werden müssten, werde fortlaufend evaluiert. Auch wenn jüngere Menschen meist keine ernsthaften Konsequenzen durch eine Erkrankung fürchten müssten, müsse alle Solidarität dem Schutz der Senioren um Land gelten.
Söder appellierte an alle Menschen, Veranstaltungen mit mehr als 100 Personen zu meiden oder am besten abzusagen. Er kündigte an, dass es für Veranstaltungen in dieser Größenordnung eine Anzeigepflicht bei den Kreisverwaltungsbehörden geben solle. Zugleich sagte er allen Schülern zu, durch die Schließungen keine Nachteile bei anstehenden Prüfungen, auch beim Abitur, fürchten zu müssen.
Im Freistaat sind damit in Bayern faktisch bis zum 20. April alle Bildungseinrichtungen zu - auch Privat- und Berufsschulen sind von der Schließung betroffen. Nach Angaben der Staatsregierung gibt es bayernweit rund 6000 Schulen und rund 9800 Kitas. In Italien sind die Schulen schon länger geschlossen, auch in Frankreich wurde dies am Donnerstag angeordnet. Unter den deutschen Bundesländern herrschte zunächst Uneinigkeit über die Notwendigkeit von Schulschließungen - am Freitag verordneten dies aber sukzessive immer mehr Länder.
Um die Kinderbetreuung in den kommenden Wochen zu gewährleisten, appellierten Söder und Arbeitsministerin Carolina Trautner (CSU) an alle Arbeitgeber. Arbeitszeiten sollten flexibel gestaltet werden. Wo möglich, solle im Homeoffice gearbeitet werden. Wenn dies nicht möglich ist, solle zunächst Urlaub oder ein Abbau von Überstunden in Betracht gezogen werden. Es soll Notgruppen für Kinder geben, wenn die einzig verfügbare Betreuungsperson etwa in medizinischen Bereichen oder bei Hilfsorganisationen arbeitet. Weil gerade alte Menschen zur Hauptrisikogruppe zählen, soll die Betreuung von Kindern ausdrücklich nicht bei den Großeltern organisiert werden.
"Wir wissen, dass es eine echt schwere Bewährungsprobe ist", sagte Söder. Der Freistaat gebe sich Mühe, die Belastungen für alle so gering wie möglich zu halten. Gleichwohl sei es wichtig, dass alle mit Gelassenheit auf alle Schwierigkeiten reagierten, trotz aller Vorbereitung "wird es auch erstmal ruckeln in den ersten Tagen". Ein Verzicht auf die "virologisch notwendigen" Schulschließungen sei wegen der sich täglich verschlechternden Lage keine Alternative. Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) betonte, dass es trotz der Schulschließungen dennoch eine Dienstpflicht für alle Lehrer gebe: "Es gibt genügend Aufgaben."
Im Freistaat wurden (Stand Freitag) bislang 558 Menschen positiv auf das neuartige Coronavirus Sars-CoV-2 getestet - das sind 58 nachgewiesene Infektionen mehr als am Tag zuvor. Am Donnerstag war der erste Todesfall in Bayern wegen des Virus bekanntgeworden, in Würzburg starb ein Über-80-Jähriger.
Angehörigen wird weitgehend der Besuch von Alten- und Pflegeheimen untersagt. Das Besuchsrecht werde deutlich eingeschränkt, sagte Söder. Zum Schutz älterer und kranker Menschen vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus werden auch die Besuchsmöglichkeiten an Bayerns Krankenhäusern stark eingeschränkt. Pro Patient sei ein Besucher pro Tag für jeweils eine Stunde angestrebt, sagte Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU). In bestimmten Situationen blieben Besuche aus "humanitären Gründen" weiter notwendig, etwa wenn Kinder in einer Klinik behandelt würden oder jemand im Sterben liege.
In Bayern gibt es demnach derzeit rund 4000 Intensivbetten an Kliniken und in Krankenhäusern zur Behandlung besonders kranker Patienten. Um sich auf hohe Krankheitsraten vorzubereiten, sind die Kliniken im Land aufgerufen, mehr Kapazitäten zu schaffen. Laut Huml ist dabei aber oft die Suche nach Pflegepersonal ein Problem. Hier sei die Verschiebung von nicht zwingend notwendigen Operationen daher ein wichtiger Schritt, um mehr Personal bereitzustellen.
Damit die Kommunalwahlen - in fast allen Gemeinden, Städten und Landkreisen in Bayern - wie geplant durchgeführt werden können, sind laut Söder Vorkehrungen getroffen. Zugleich soll die Möglichkeit zur Briefwahl noch einmal erleichtert werden. Zu wahrscheinlich nötigen Stichwahlen am 29. März sollen allen betroffenen Wählern automatisch Briefwahl-Unterlagen zugesandt werden.
Das Erzbistum München und Freising sagte wegen des Coronavirus alle öffentlichen Gottesdienste ab. Die Regelung solle bis zum 3. April gelten, gab das Erzbistum bekannt. Es habe "derzeit Vorrang, der Ausbreitung des Virus durch die Zusammenkunft von Menschen nicht weiter Vorschub zu leisten."
Der Bayerische Fußball-Verband teilte mit, dass der komplette Spielbetrieb der Amateurligen im Freistaat für mindestens zwei Wochen bis einschließlich 23. März ruhen wird.
Auch die staatlichen Museen, Sammlungen und Archive und die staatlichen Bibliotheken im Freistaat, darunter zum Beispiel die Staatsbibliothek in München oder die Bibliotheken an Hochschulen, werden von Samstag an bis zum Ende der Osterferien geschlossen. Die Stadt Bayreuth teilte mit, dass alle städtischen Einrichtungen - Bibliothek, Musik- und Volkshochschulen, Museen und Sportstätten - dicht machen.