Schluss mit der Ausgangssperre? Schlagabtausch im Landtag

Opposition und Freie Wähler halten die Maßnahme wegen der sinkenden Corona-Infektionszahlen im Freistaat nicht mehr für angemessen - der Gesundheitsminister will sie aber beibehalten.
von  Natalie Kettinger
Menschenleer: die S- und U-Bahn-Station Marienplatz an einem Lockdown-Abend. Ob sich daran bald etwas ändert?
Menschenleer: die S- und U-Bahn-Station Marienplatz an einem Lockdown-Abend. Ob sich daran bald etwas ändert? © Peter Kneffel/dpa

München - Die nächtliche Ausgangssperre in Bayern wackelt. Nicht nur die Opposition, sondern auch der Parlamentarische Geschäftsführer der Freien Wähler (FW) Fabian Mehring forderten am Dienstag in einer Aktuellen Stunde des Landtags die Aufhebung des landesweiten Verbots, ab 21 Uhr ohne triftigen Grund hinaus zu gehen: Die Vorschrift sei "deutlich zu überdenken", so Mehring.

Sinkende Coronazahlen: Aiwanger hält Sperrstunde für nicht mehr angemessen

Bereits zuvor hatte FW-Chef und Vizeministerpräsident Hubert Aiwanger der "Augsburger Allgemeinen" mit Blick auf die sinkenden Corona-Infektionszahlen im Freistaat gesagt: "In meinen Augen ist jetzt auch die Sperrstunde nicht mehr angemessen." Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) will jedoch - ebenso wie Ministerpräsident Markus Söder (CSU) - an der Maßnahme festhalten.

"Die nächtlichen Ausgangssperren in Bayern gehören abgeschafft", sagte die Fraktionsvorsitzende der Grünen Katharina Schulze am Dienstag. Sie sei von Anfang an nicht geeignet gewesen, die Pandemie zu bekämpfen, pflichtete der SPD-Fraktionsvorsitzende Horst Arnold bei. Mittlerweile sei auch die ursprüngliche Begründung - ganz Bayern sei mit einer freistaatweiten 200er Inzidenz ein einziger Hotspot - nicht mehr zutreffend.

Landtags-FDP will notfalls gerichtlich gegen Ausgangssperre vorgehen

Die Liberalen hatten bereits angekündigt, gegen die Ausgangssperre gerichtlich vorzugehen, würde diese über den 14. Februar hinaus verlängert. FDP-Parlamentarier Dominik Spitzer bezeichnete die Maßnahme erneut als "Symbolpolitik". Am Montag hatte der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg die dort geltende Ausgangssperre gekippt. Er gehe davon aus, dass nach dieser Entscheidung auch das bayerische Verbot nicht mehr zu halten sei, sagte Arnold, dessen Genossen zudem eine Lockerung der Kontaktbeschränkungen fordern: Es sollten sich wieder bis zu fünf Personen aus maximal zwei Haushalten treffen können.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hatte es in einem Beschluss vom 12. Januar noch abgelehnt, das grundsätzliche Verbot aufzuheben, zwischen 21 und fünf Uhr die Wohnung zu verlassen. "Eine nächtliche Ausgangsbeschränkung diene der weiteren notwendigen Reduktion von Kontakten", so die Richter. Zum Zeitpunkt der Entscheidung ging das Gericht jedoch von einem weit höheren Infektionsgeschehen aus.

Nach 14 Wochen Lockdown haben Bürger "Anspruch auf eine Exit-Strategie"

In der von seiner Fraktion beantragten Aktuellen Stunde forderte FDP-Fraktionsvorsitzender Martin Hagen auch Öffnungsperspektiven. Die Frustration in der Bevölkerung steige, wenn das Ziel immer weiter in die Ferne gerückt werde. Zum ersten Mal gebe es jetzt die Möglichkeit, Markus Söder für die Ministerpräsidentenkonferenz die Ansicht des Landesparlaments mitzugeben. Die Menschen hätten nach 14 Wochen Lockdown einen "Anspruch auf eine Exit-Strategie", sagte Hagens Fraktionskollege Spitzer. Die FDP legte einen Stufenplan vor, der Lockerungen zu bestimmten Inzidenz-Stufen vorsieht.

"Der Lagerkoller nimmt zu", räumte auch der CSU-Abgeordnete Bernd Seidenath ein. Das Virus halte sich jedoch an keine politische Agenda: "Wir können schlecht planen, sondern wir müssen auf Sicht fahren." Deutlicher hatte sich Gesundheitsminister Holetschek im "Morgenmagazin" geäußert: "Die Ausgangssperre ist ein Baustein eines Gesamtkonzepts, Kontakte zu vermeiden, Mobilität zu unterbrechen", sagte er. "Und da wirkt sie aus meiner Sicht auch, wie die gesamten Maßnahmen wirken, sonst würden ja die Inzidenzwerte nicht sinken."

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