Schloss Guttenberg wird zur Festung
Popularität hat ihren Preis. Schweren Herzen stimmt Enoch zu Guttenberg dem Bau eines Tores an der Einfahrt zum Familiensitz zu
GUTTENBERG In Afghanistan präsentiert sich Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg in Talkshows und vor den Kameras, größtmögliche Öffentlichkeit erwünscht. Daheim aber zahlt die Familie des CSU-Politikers den Preis für die stetig steigende Popularität: Sie muss sich immer mehr abschirmen. Auf Drängen des Bundeskriminalamtes (BKA) schützt Guttenbergs Vater, der Dirigent Enoch zu Guttenberg, sein Schloss in der gleichnamigen oberfränkischen Gemeinde im Kreis Kulmbach mit einem Tor vor neugierigen Besuchern. „Angesichts der Gefährdungslage sind wir gezwungen, das zu tun“, sagte der 64-Jährige.
Seit Februar 2009 ist Karl-Theodor Bundesminister – und seitdem ist die Schlossanlage in der 600-Seelen-Gemeinde immer mehr zum Ziel von Touristen geworden. „Die Leute wollen nicht mehr zwischen Mein und Dein differenzieren“, sagt Enoch zu Guttenberg. Sie hätten keinen Respekt mehr.
Eine Tafel wirbt um Verständnis
Vergeblich habe die Familie versucht, allzu forsche Fremde mit einem freundlichen Hinweisschild von ihrem Grund fernzuhalten. „Aus dringenden Gründen der Sicherheit ist es uns leider nicht mehr möglich, das Betreten der Privatgrundstücke rund um die Schlossanlage zu erlauben“, wirbt eine Tafel unter dem Schild „Einfahrt verboten“ um Verständnis.
Enoch zu Guttenberg hat sich lange gegen die Forderungen der Sicherheitsbehörden gesträubt: „Wir waren immer ein offenes Haus; wir haben immer gerne Menschen um uns gehabt“, bekennt er. Jetzt hat er sich dem Druck gebeugt. „Das ist natürlich sehr traurig“, sagt der Schlossherr. Schließlich lebt sein Sohn Karl-Theodor mit seiner Familie weitgehend in Berlin und besucht seine Heimat nur an Wochenenden.
Schweren Herzens stimmte der Gemeinderat jetzt dem Antrag zu, ein drei Meter hohes Tor am Eingang des Schlosses zu errichten. „Die Leute kommen mit Bussen, marschieren hinein und laufen sogar bis ins Haus“, sagt Bürgermeister Eugen Hain (CSU). „Da kann man natürlich nur schwer unterscheiden, ob das reine Neugier ist, oder ob jemand etwas Böses im Schilde führt.“
Das Schloss ist Aushängeschild der Gemeinde
Die Bewohner der Gemeinde Guttenberg sind seit Jahrhunderten eng mit der Familie der Freiherren zu Guttenberg verbunden. Man kennt sich. Erst am Montagabend hatte Enoch zu Guttenberg die Senioren des Ortes zur traditionellen Weihnachtsfeier eingeladen. Und das idyllisch im Wald gelegene Schloss selbst ist das Aushängeschild der Gemeinde.
Das Betretungsverbot gilt laut zu Guttenberg „selbstverständlich nicht für die uns bekannten Bürger unserer Gemeinde“. So geht Bürgermeister Hain davon aus, dass ungeachtet der strengeren Sicherheitsanforderungen auch die katholischen Gläubigen weiterhin die Schlosskirche besuchen können, die sich im Besitz der Familie befindet.
Manfred Präcklein