Schlaues Kerlchen: Nikolaus (14) hat das Abi in der Tasche

So etwas gibt es nicht allzu oft: Der Bub aus Pöcking hat vier Schulklassen übersprungen und seine Prüfungen mit der Note 1,1 abgelegt – jetzt will der Durchstarter Chemie studieren.
Abendzeitung |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Die Bezeichnung "Wunderknabe" mag Nikolaus Hildebrand überhaupt nicht
Petra Schramek Die Bezeichnung "Wunderknabe" mag Nikolaus Hildebrand überhaupt nicht

STARNBERG - So etwas gibt es nicht allzu oft: Der Bub aus Pöcking hat vier Schulklassen übersprungen und seine Prüfungen mit der Note 1,1 abgelegt – jetzt will der Durchstarter Chemie studieren.

„Die Schule ist nicht so richtig passend für mich“, sagt Nikolaus Hildebrand. Ein Satz, den wohl viele Jugendliche unterschreiben würden. Und trotzdem hat der Bub aus Pöcking am Starnberger See wenig gemeinsam mit pubertierenden Schülern in der Sinnkrise. Während andere Teenager in seinem Alter die achte oder neunte Klasse besuchen, hat Nikolaus gerade sein Abi gemacht. Mit 14. Damit ist er wohl der jüngste Abiturient in ganz Bayern. Am Freitag bekommt er sein Zeugnis.

Frontalunterricht, gezieltes Lernen für Prüfungen, vorgegebene Themen – dass der typische Schulalltag nicht das Seine ist, merkte er rasch. „Das selbst bestimmte an etwas Herumüberlegen, das wollte ich dagegen schon immer“, sagt Nikolaus, der insgesamt vier Klassen übersprungen hat. Jetzt hat er die Schulzeit hinter sich gebracht. Sein Abi-Schnitt: 1,1.

Dass Nikolaus besonders begabt ist, zeigte sich früh. Mit zwei Jahren fragte er seine Eltern, was politische Parteien sind. Bald darauf fing er an, sich für Baukunst zu interessieren. „Er hat uns fast genötigt, Kunstreisen zu unternehmen“, erzählt seine Mutter, die Ärztin Sabine Schott-Hildebrand, und lacht. Als Nikolaus vier war, reisten die Eltern mit ihm nach Venedig. „Wir haben alle Kirchen angeschaut“, erinnert sich die Mama. „Er konnte uns viel erklären.“

Dann die Schule. Nach den ersten Wochen war der Bub enttäuscht. Ein Gefühl, dass sich öfters einstellen sollte. „Der Unterricht war fachlich nicht anspruchsvoll genug“, sagt Nikolaus. Schon nach einem halben Jahr wechselte er in die zweite Klasse. Im Gymnasium übersprang er dann nochmal drei Stufen. Am Schluss waren die Mitschüler bis zu sechs Jahre älter als er.

Der Rest der Familie, so versichern die Eltern, bestand übrigens „aus schlechten Schülern“. „Nikolaus hat einfach eine andere Morphologie da oben drin“, meint die Mutter. Ein Test bescheinigte dem Buben einen Intelligenzquotienten von 147. Damit gilt er als hochbegabt. Aber das hätte man auch ohne Test gemerkt.

Wenn Nikolaus, ein schlaksiger junger Mann mit großer Brille, erzählt, dann ist da keine Unsicherheit zu spüren. Nur manchmal ein kurzes Innehalten, damit die Formulierung präzise wird. Seine Worte wirken gewählt. Was er sagt, unterstreicht er durch Gesten. Er scheut sich nicht, seine Meinung zu vertreten.

Nach der Vorliebe für Baukunst kam die Faszination für Naturwissenschaften. „Ich bin ein Allesinteressierer“, sagt Nikolaus. Sein Lieblingsfach war Chemie. Die Facharbeit schrieb er an der Ludwig-Maximilians-Universität über die Solvolyse von Benzhydrylbromiden. „Ein klasse Thema!“ Nur Sport und Musik – damit konnte er nicht allzu viel anfangen. Obwohl er das Klischee vom unsportlichen Kopfmensch nicht gelten lassen will. Weil er immerhin auch ins Fitnessstudio geht.

Wie ist es, so begabt zu sein? Isoliert das? „Definitiv nicht“, sagt Nikolaus. Er habe gleichaltrige Freunde und eben ältere. „Das einzige, das blockiert, sind gesetzliche Vorschriften.“ Dass er nicht Auto fahren darf. Und zu jung für die Kollegstufenpartys war. „Ich interessiere mich für all das, für das sich andere 14-Jährige auch interessieren“, versichert Nikolaus und fasst zusammen: „Handys, Elektronik, Mädchen“.

Die Bezeichnung „Wunderknabe“ mag er nicht für sich in Anspruch nehmen. Weil erstens „niemand als Lexikon“ auf die Welt käme und auch er für sein Abi gebüffelt habe. Und weil er zweitens gar nicht so oft den Unterschied zu anderen bemerken würde. Nur manchmal, da könne er nicht verstehen, warum die anderen etwas nicht verstehen...

Sein Sommer ist schon ausgebucht. Ein Praktikum im Klinikum der Innenstadt in München. Ein Segelkurs. Eine Reise nach New York – eine Stadt, die ihn nach eigener Auskunft geprägt hat. An seinem allerersten Schultag war das Attentat aufs World Trade Center.

Im Wintersemester dann will Nikolaus sein Chemie-Studium an der LMU beginnen. „Ich habe schon das Ziel, in meinem Leben etwas zu erreichen. Etwas Tolles“, sagt er voller Selbstbewusstsein. Und auch seine Mitschüler scheinen große Erwartungen zu haben. In dem Artikel, der über ihn in der Abizeitung steht, äußern sie die Hoffnung, dass er „der Menschheit eines Tages ganz wunderbare Erfindungen, Heilmittel oder Ideen hinterlässt“. Viel Glück dabei.

Julia Lenders

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.