Schlagfertigkeit mit Hang zum Unterirdischen

Comedian Oliver Pocher bestätigt auf Tournee alle Vorurteile - am 5. Mai kommt er in die Meistersingerhalle.
von  Abendzeitung
Suhlt sich im „Gefährlichen Halbwissen“: Oliver Pocher teilt heute in Nürnberg aus.
Suhlt sich im „Gefährlichen Halbwissen“: Oliver Pocher teilt heute in Nürnberg aus. © Veranstalter

NÜRNBERG - Comedian Oliver Pocher bestätigt auf Tournee alle Vorurteile - am 5. Mai kommt er in die Meistersingerhalle.

Oliver Pocher ist ein besonderes Phänomen unter den Comedians: Obwohl schon in den 30ern, zieht es fast ausschließlich die Teenies zu seinen Auftritten. In München zeigte er sein zweites Soloprogramm „Gefährliches Halbwissen“. Schon der Titel macht klar, dass Pocher hier nicht etwa sein Harald-Schmidt-Abenteuer fortsetzen, sondern mit Trash und Klamauk wieder ganz bei sich sein will. Am 5. Mai ist er in der Nürnberger Meistersingerhalle. Es gibt noch Karten.

Das Programm ist einfach eine bunte Abfolge von Episoden aus Pochers Leben (Fußball, Freundin, USA-Reise), Parodien und Improvisationen. Da steckt mehr drin als bei manch anderem mit durchkomponierter Satire-Show, denn Pocher ist das schlagfertigste Unterhaltungstalent im Land. Wenn er live die nichtsahnende Freundin einer Zuschauerin zuhause anruft, diese samt ihrer Partygäste in die Show kommen lässt, wenn er Sicherheitsmänner oder Zwischenrufer in Gespräche verwickelt oder vier stiernackige 14-jährige Realschüler aus der ersten Reihe verarscht, dabei viele rote Humor-Fäden spinnt, die er im Laufe der Show immer wieder aufnimmt – dann hat das etwas Genialisches. Niemand kann so gut wie Pocher mitten unter Leuten stehen und großartigen Blödsinn machen.

Doch Pochers Problem ist und bleibt, nach unten keine Grenzen zu kennen. Er macht sich mehrmals über die HIV-Infektion einer Sängerin lustig und nennt diese eine „dumme Kuh“. Er sagt einem Zuschauer auf der Bühne, er sei ein „Herz-As-Typ“ und deswegen sicher manchmal „bei der Freundin im As“. Er zeigt sein Visa-Formular für die Einreise in die USA, auf dem nach der Beteiligung an Nazi-Verbrechen zwischen '33 und '45 gefragt wird – und schlägt vor, als Retourkutsche nach Deutschland einreisende Amerikaner zu fragen, ob sie „zwischen 1894 und 1906 Indianer getötet haben“.

So sehr man sich auch schüttelt: Dieser Stumpfsinn trübt den Spaß am Rest der Show erheblich ein. Sicher dachte niemand in der ununterbrochen lachenden Masse etwas wirklich Böses. Doch ist es von einem hochtalentierten Comedian zuviel verlangt, ein Sensorium zu entwickeln, ab wann lustiges Halbwissen wirklich gefährlich wird? Michael Grill

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