Schlag gegen Pädophilen-Ring: 134 Verdächtige allein in Bayern

Ein Fahndungserfolg mit schockierendem Ergebnis: Grausame Videos auf den Seiten eines bayerischen Internet-Anbieters führen die Ermittler zu mehr als 40000 Nutzern von Kinderpornografie – weltweit. Davon stammen allein 134 Täter aus Bayern.
von  Abendzeitung

MÜNCHEN/KONSTANZ - Ein Fahndungserfolg mit schockierendem Ergebnis: Grausame Videos auf den Seiten eines bayerischen Internet-Anbieters führen die Ermittler zu mehr als 40000 Nutzern von Kinderpornografie – weltweit. Davon stammen allein 134 Täter aus Bayern.

Das etwa zehn Jahre alte Mädchen kauert auf einem Bett, seine Hände sind mit silberfarbenem Klebeband an die Unterschenkel gefesselt. Ein Mann vergeht sich an dem Kind, während andere Männer zuschauen und die Szene fotografieren. Zehn Minuten dauerte das grauenvolle Internet-Video. Es stand zusammen mit einer zweiten, ähnlich furchtbaren Darstellung eines etwa 12-jährigen Mädchens bei einem bayerischen Internetanbieter im Netz. Die beiden Filme lösten den bislang größten Schlag bayerischer Ermittlungsbehörden gegen Pädokriminelle aus. Gegen 134 Männer aus Bayern wurde ermittelt. Weltweit löste die „Operation Smasher“ (Zufallsname) eine Lawine von Ermittlungen gegen tausende Tatverdächtige aus. 40500 Verbindungsdaten wurden an ausländische Ermittler weitergegeben.

Ein italienisches Kinderschutzportal hatte die Ermittler vor zwei Jahren auf die Spur gebracht. Beim Bayerischen Landeskriminalamt (LKA) war 1995 die so genannte Netzwerkfahndung gegründet worden. Damals waren es noch zwei Beamte, die im Kampf gegen Kriminelle im Netz virtuell auf Streife gingen. Heute sind es zwölf. Kriminaldirektor Albert Bischeltsrieder (57): „Eigentlich befassen wir uns mit allen Straftaten, aber mehr als 80 Prozent unserer Arbeit umfasst verbotene Pornographie“. Der Link zu den beiden Videos, auf denen die zwei Kinder massiv missbraucht wurden, verbreitete sich über ein einschlägiges Forum Pädokrimineller. Innerhalb eines Monats hatten sich 48000 Menschen die Bilder angesehen.

Nachdem die Polizei Kontakt zu dem Internetanbieter aufgenommen hatte, wurden die Dateien entfernt, vorher aber sämtliche Protokolldaten gesichert. 48000 Adressen aus aller Welt lagen vor – ein immenser Ermittlungsaufwand stand bevor. 40500 Nutzer kamen aus 98 verschiedenen Ländern, der Rest aus Deutschland. Von den Deutschen konnten „nur“ 987 Verdächtige ermittelt werden. „Zur Tatzeit hatten die Provider noch keine Speicherungspflicht der Verbindungsdaten“, so Ludwig Waldinger vom LKA. Bei 130 Providern wurden Auskünfte eingeholt. Erstmals half den Beamten ein automatisiertes Verfahren. Die Verdächtigen stammen aus allen Berufsschichten und Altersgruppen.

Ohne Ausnahme waren die Täter Männer. Allein 134 stammen aus Bayern. Von ihnen leben 23 in München, 32 in Oberbayern; zwölf stammen aus Niederbayern, sechs aus der Oberpfalz und 19 aus Schwaben. Bei ihren Hausdurchsuchungen stellte die Kripo allein in Bayern 182 PCs (deutschlandweit über 1000), 432 Videos und 7874 Datenträger sicher.

Mittlerweile wurden die ersten Täter verurteilt: Sie erhielten wegen Besitzes von kinderpornografischen Schriften bis zu 15 Monate Haft, ein Mann musste 12750 Euro Strafe zahlen. Gesetzliche Höchststrafe sind fünf Jahre Gefängnis.

In drei Fällen stießen die Ermittler auf Männer, die selbst aktiv Kinder missbrauchten: In Kempten fanden die Fahnder auf der Festplatte eines Mannes neben kinderpornografischen Bildern auch Fotos, die ihn beim Sex mit seiner Tochter (13) zeigten. Er bekam nur zwei Jahre auf Bewährung – der Sex sei „auf freiwilliger Basis passiert“, so Staatsanwalt Christoph Ebert. Anders ein Fall aus Schleswig-Holstein: Dort hatte sich ein Vater (41) fast täglich an seinen zwei Kindern und fremden Mädchen vergangen. Er wurde zu acht Jahren Gefängnis verurteilt.

Nina Job

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.