Schafkopfturniere nur für Frauen in Bayern: Hier trumpfen die Damen auf

Rund um den Weltfrauentag werden Schafkopfturniere ausschließlich für Damen organisiert – etwa in Landshut, Erding und Eichstätt. Warum? Karteln sie anders als Männer? Die AZ hat langjährige Spielerinnen und Spieler gefragt.
von  Rosemarie Vielreicher
Reine Damenrunde: Mit dieser Illustration werben die Organisatoren im Landkreis Erding für das Schafkopfturnier.
Reine Damenrunde: Mit dieser Illustration werben die Organisatoren im Landkreis Erding für das Schafkopfturnier. © Gleichstellungsbeauftragte/Landkreis Erding

Erding/Landshut/Eichstätt - Die verdeckten Karten wandern über den Tisch, schnell einen Blick drauf erhascht und schon rattert es im Kopf: Was lässt sich damit reißen? Solo, Wenz oder ein Sauspiel, etwa mit der Oidn? Fragen, die sich bei jeder Runde allerorten wiederholen. Aber nicht überall ist von vorne herein klar: Die Frauen werden alle Trümpfe in der Hand haben.

Das ist in dem Fall sogar Voraussetzung: Rund um den Weltfrauentag (8. März) gibt es in immer mehr Orten in Bayern Schafkopfturniere speziell für Frauen. Zum Beispiel in Eichstätt, Landshut oder neuerdings auch im Landkreis Erding.

Schafkopfen zum Weltfrauentag: Eine 80-Jährige will ihr erstes Turnier spielen

Die AZ hat nachgehakt: Warum braucht es exklusive Schafkopf-Runden für Frauen? Spielen sie anders als Männer? Und ist das urbayerische Kartenspiel heutzutage überhaupt noch eine Männerdomäne?

Im Landkreis Erding wird es in diesem Jahr das erste Mal ein solches Schafkopfturnier am 8. März geben. "Die Frauen rennen mir die Bude ein", sagt Sabine Trettenbacher zur AZ. Sie ist die Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises. Wenn sie von dem bevorstehenden Turnier und der Organisation spricht, spürt man: Da steckt Herzblut und Elan drin. Die 49-Jährige kartelt selbst gern. Am Rande erzählt sie, wie sie früher einmal bei einem "Tarif" von zwei Pfennig in einem Monat ganze 17 Mark abgestaubt hat. Respekt!

Eine historische Zeichnung aus dem 19. Jahrhundert zeigt vier Männer in einem Dorfwirtshaus beim Schafkopfen.
Eine historische Zeichnung aus dem 19. Jahrhundert zeigt vier Männer in einem Dorfwirtshaus beim Schafkopfen. © imago

Über 60 Frauen haben sich schon angemeldet, bis zu 80 seien möglich. Besonders berührt hat sie eine 80-jährige Frau, die sich jetzt im hohen Alter erstmals ihren Traum vom Schafkopfturnier erfüllt. Aber genauso sei etwa eine Dame dabei, die neu in der Gegend sei und sich dadurch neue Kontakte erhoffe.

Das ist der Gleichstellungsbeauftragten sowieso wichtiger als jeder noch so raffinierte Stich: Sie will, dass die Frauen und Mädchen ab 16 Jahren Spaß haben, Bekanntschaften knüpfen und ihnen die Unsicherheit genommen wird, sie seien nicht gut genug für ein Turnierspiel. Jede zweite Anfrage, die sie erhalte, beginne nämlich so: "Ich bin nicht sehr gut, darf ich trotzdem teilnehmen?" Trettenbacher hält dagegen: "Es geht nicht um Perfektion." Es sei nicht so, dass Frauen nicht genauso gut karteln könnten, es schwinge nur ein hoher Erwartungsdruck mit.

Schafkopf-Turniere nur für Frauen: Die Veranstaltung ist für den guten Zweck

Es geht also nicht um Perfektion – und auch nicht ausschließlich ums Karteln. Sondern auch um den guten Zweck. Wer antritt, zahlt 15 Euro – das gesammelte Preisgeld fließt am Ende in Projekte für Frauen und Mädchen. Die drei Erstplatzierten dürften selbst entscheiden, welches Projekt sie unterstützen wollten. Die Organisatorin Trettenbacher verspricht zudem: "Keine geht leer aus." Auch ein Rahmen-Programm wie etwa einen Chor hat sie organisiert.

Inspiration hat die Gleichstellungsbeauftragte in Erding mitunter von einer anderen Schafkopferin erhalten: Martina Huber aus Landshut. Die hat das Kartenspiel quasi im Blut und ist in der niederbayerischen Stadt an der Organisation des Frauen-Turniers beteiligt. Auch dieses wird von der dortigen Gleichstellungsstelle veranstaltet.

Huber sagt über sich selbst: "Ich bin eine Wirtstochter und habe das Schafkopfen von klein auf gelernt." Die 63-Jährige hat über die Jahre hinweg eines gemerkt: "Es war immer auffallend, dass Frauen relativ wenig in Turnieren vertreten waren. Aus meiner Sicht war das deswegen so, weil - zumindest früher – schon mal ein rüder Ton herrschen konnte."

Männer untereinander könnten beim Spiel schon fluchen und schimpfen. Huber denkt, dass Frauen das nicht so mögen. Es habe ihr selbst auch Schwierigkeiten bereitet, sich daran zu gewöhnen. Aus ihrer Sicht spielten Frauen zurückhaltender. In Landshut riefen die Grünen schon vor vielen Jahren ein Schafkopfturnier für Frauen ins Leben, wie Huber erzählt. Zusammen mit mehreren Mitstreiterinnen bewahrte sie dieses Turnier vor dem Ende, als es einzuschlafen drohte.

Heuer findet diese Version zum zwölften Mal statt, am 17. März in Achdorf. Die Anmeldungen trudeln wie in Erding ebenfalls wie am Schnürchen ein: Innerhalb weniger Tage seien die begrenzten 48 Plätze sofort bis auf einen belegt gewesen. "Es verändert sich etwas. Das Interesse der Frauen entwickelt sich stetig weiter", sagt Huber. "Es ist schon noch eine Männerdomäne, wenn auch nicht mehr so wie früher." Das Startgeld in Landshut beträgt neun Euro – der Reinerlös gehe wie jedes Jahr an eine soziale Einrichtung, heißt es in der Ankündigung.

"Frauen spielen vorsichtiger, besonnener"

Auch Norbert Pabsch (62) merkt einen Wandel rund ums Spielen von Wenz, Sauspiel und Solo. Er ist in Eichstätt daheim und kann auf mittlerweile 45 Jahre Schafkopf-Erfahrung zurückblicken und auf zehn Jahre, in denen er anderen das Karteln beibringt. Der Vater dreier erwachsener Töchter ist nicht nur an einem Schafkopftreff jeden Freitag beteiligt, sondern kümmert sich auch um das Schafkopfturnier für Frauen am 8. März. In Eichstätt lautet die Startgebühr: Jede Frau bringt ein Geschenk im Wert von zehn bis zwölf Euro mit, heißt es auf der Seite der Stadt.

Wie sieht es nun ein Mann: Unterscheidet sich das Karteln zwischen den Geschlechtern? Pabsch sagt zur AZ: "Die Damen spielen wirklich anders." Die AZ will es genauer wissen. Er sagt: "Sie spielen defensiv, vorsichtiger, besonnener." Die Männer dagegen spielten dominant. Wie "ein Platzhirsch", sagt er zugespitzt. "Männer meinen häufig, es besser zu wissen." Auch wenn freilich nicht alle pauschal so seien. Er ist überzeugt: "Frauen können Karteln mindestens genauso gut."

"Spielen, spielen, spielen – und von den Männern nicht unterkriegen lassen!"

In den letzten Jahren sehe er in den Schafkopf-Kursen eine neue Aufteilung: Die Hälfte der Teilnehmer seien Männer, die andere Frauen. Auch junge Frauen seien dabei. "Das freut mich auf alle Fälle. Es ist ein bayerisches Kulturgut." Mit Sprüchen, Mimik, Gestik – das gehört für ihn dazu.

Auch Martina Huber sagt: "Wir wollen diese Tradition am Leben erhalten. Es ist ein sehr abwechslungsreiches Spiel. Ich sage auch immer, Schafkopfen ist wie eine Schule fürs Leben: Du musst im nächsten Moment wieder mit dem zusammen spielen, den du gerade verflucht hast, weil er irgendeinen Schmarrn gespielt hat." Und plötzlich ist man wieder ein Team und freut sich zusammen. Sie rät allen Frauen: "Einfach trauen!"

Wenn der Eichstätter Schafkopf-Profi Pabsch erzählt, welche Spiele ihn reizen, kommt man um das Wort Risiko nicht ganz herum: "Ein Solo, bei dem ich weiß, ich habe vier Laufende und gewinne es sicher: Das ist für mich langweilig. Ich mag ein spannendes Spiel, da darf es schon mal ganz knapp werden, 59 zu 61 zum Beispiel." Schafkopferinnen legt er ans Herz: "Spielen, spielen, spielen – und von den Männern nicht unterkriegen lassen!"

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.