Schafkopfen in Corona-Zeiten - ein Experte im AZ-Interview

Ein Profi und Buchautor vermisst in der Krise seine geselligen Runden. Wie man die Zeit überbrückt und was er über das lange und kurze Blatt denkt.
Interview: Sebastian Brückl |
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"Ein Polizist erklärt asiatischen Touristen in astreinem bayerisch-Englisch warum die Leute hier sauer auf die Politik der CSU sind", meldet unser AZ-Reporter
Amelie Geiger/dpa "Ein Polizist erklärt asiatischen Touristen in astreinem bayerisch-Englisch warum die Leute hier sauer auf die Politik der CSU sind", meldet unser AZ-Reporter

Karteln ist ein geselliges Spiel – also in Zeiten von Corona nicht gerade ideal. Zur Not gibt es virtuelle Spielrunden oder vielleicht geht auch eine Runde im Familienkreis zusammen.

Der Schafkopf-Könner Erich Rohrmayer stammt aus Schierling, gibt Kurse und hat Bücher über das urbayerische Spiel veröffentlicht.

"Ein Polizist erklärt asiatischen Touristen in astreinem bayerisch-Englisch warum die Leute hier sauer auf die Politik der CSU sind", meldet unser AZ-Reporter
"Ein Polizist erklärt asiatischen Touristen in astreinem bayerisch-Englisch warum die Leute hier sauer auf die Politik der CSU sind", meldet unser AZ-Reporter © Amelie Geiger/dpa

Hilfestellung beim Lernen alter bayerischer Kartenspiele geben die Büchlein von Erich Rohrmayer aus Schierling im Landkreis Regensburg. Sein neues Werk befasst sich aber mit einem Schafkopf-Thema, das quer durch Bayern einen Graben zieht: Mit der langen oder der kurzen Karte – diese Frage entzweit Schafkopfspieler in zwei Lager. Was die Unterschiede der Spielarten sind und was der Schafkopf-Äquator ist, erklärt Rohrmayer im Interview.

AZ: Herr Rohrmayer, wie geht es einem passionierten Kartler in Zeiten, in denen er nicht ins Wirtshaus zum Spielen kann?
Erich Rohrmayer: Zuallererst bin ich natürlich froh, dass ich gesund bin! Dass man gerade nicht öffentlich Karten spielen kann, ist nicht schön, diese Phase wird aber hoffentlich vorübergehen. Ich bin ja in einem Wirtshaus aufgewachsen und bin es ein Leben lang gewohnt, viele Menschen um mich herum zu haben. Aber es hilft ja nichts. Und vielleicht gewinnt das Kartenspielen in der Familie wieder an Bedeutung gegenüber dem Fernsehen und dem Handy.

Was halten Sie von virtuellen Schafkopfrunden?
In Zeiten wie diesen kann Schafkopfen über das Internet schon helfen. Ich habe es selbst mal eine Zeit lang ausprobiert. Technisch funktioniert es auch sehr gut. Aber auf lange Sicht ist die Interaktion mit leibhaftigen Spielern, die Freude über gewonnene Spiele, der Ärger über verlorene Spiele und auch das Nachtarocken nach jedem Spiel durch nichts zu ersetzen.

Glaubensfragen beim Schafkopfen

In Ihrem neuen Buch nehmen Sie sich eines Themas an, das bei Nicht-Kartlern vielleicht auf Kopfschütteln stößt, bei Schafkopfspielern aber Glaubensfragen aufwerfen kann. Was sind Ihre Erfahrungen mit kurzer – sechs Karten ohne Siebener und Achter – und langer Karte – acht Stück pro Spieler?
Als ich als kleiner Bub im Wirtshaus meiner Eltern unseren Gästen zuschauen durfte, war eines der ersten Dinge, die mir klar wurden: Die älteren spielten mit acht Karten, während die jüngeren Spieler mit weniger Karten spielten. Mir wurde erklärt, dass die eine Runde einen "Langen" und die andere einen "Kurzen" spielt. Was ich damals natürlich nicht begriffen habe, ist, dass ich Schafkopfen inmitten einer Übergangsphase in meinem Heimatdorf Buchhausen (Gemeinde Schierling, d. Red.) gelernt habe.

Wie sind Sie denn dann auf den Schafkopf-Äquator gekommen?
Bei vielen Schafkopfrunden und bei meinen Seminaren habe ich festgestellt, dass ich ja direkt an einer imaginären Schafkopfgrenze wohne! Und diese Grenze verläuft quer durch Bayern. Als ich Schafkopfer aus Deggendorf bei einem Turnier in Regensburg erlebt habe, wurde mir bewusst, dass es da auch einen tiefen Graben in den Köpfen der Schafkopfer gibt. Um ein gesamt-bayerisches Schafkopfbuch herauszubringen, musste diese Sache also unbedingt genauer beleuchtet werden.

Wo verläuft nun Ihrer Erfahrung nach diese Grenze?
Ich bitte um Verständnis, dass ich hier nicht alles über das neue Buch verraten möchte. Nur so viel: Im Labertal spielt die Bezirksgrenze zwischen Niederbayern und der Oberpfalz schon eine gewichtige Rolle. Gleichzeitig möchte ich meine Leser auch dazu auffordern, mir zu schreiben, sollten sie eine Abweichung feststellen. Vielleicht gibt es in den traditionellen "langen" Schafkopfbezirken Niederbayern und Oberbayern ja doch die eine oder andere "kurze" Oase mehr als nur den Landkreis Kelheim.

Zu seinen Kursen kommen Leute von 13 bis über 80

Wie verändert sich das Spiel, abgesehen von der Anzahl der Karten, die die Spieler in der Hand haben?
Das Spiel mit der langen Karte ist schon gemütlicher, es wird ein bisschen länger nachgedacht, da es auch mehr Spielmöglichkeiten gibt. Mit der kurzen Karte dagegen verläuft ein Spiel deutlich schneller. Daher wird der "Kurze" manchmal auch der "Scharfe" genannt.

Welche Variante bevorzugen Sie?
Diese Frage habe ich befürchtet ... (lacht). Ich spiele am liebsten mit nur fünf Blatt. Da nehmen wir die Neuner auch noch weg. Das ist sozusagen "ultra-kurz" und das grenzt dann schon an High-Speed-Schafkopfen. Aber auch der "normale" Kurze mit sechs Blatt ist wunderschön zu spielen. Mit der langen Karte spiele ich eigentlich nur dann, wenn ich mal den Schafkopf-Äquator überquere. Spaß macht das auch, es ist halt nur ein wenig anders. War das jetzt diplomatisch genug?

Sie geben auch Schafkopfkurse. Wie groß ist das Interesse?
Das Interesse ist riesig und ich bin seit Jahren fast immer ausverkauft. Ich denke, dass viele Leute erkannt haben, dass der Spruch "entweder man kann es oder man kann es nicht" einfach Quatsch ist, sondern, dass jeder es einmal lernen musste, egal in welchem Alter. Zu meinen Kursen kommen daher auch Leute von 13 bis über 80. Einmal war eine Dame in meinem Seminar, die war sogar über 90.

Wie sieht Ihre perfekte Schafkopfrunde aus?
Mit drei Freunden am Tisch sitzen, ein Bier dazu trinken, die Zeit vergessen und irgendwann merken, dass es doch sehr spät geworden ist. Jetzt merke ich gerade, dass "gewinnen" gar nicht dabei ist. Vielleicht ist das aber auch gar nicht so wichtig.


Das Buch "Schafkopfen mit der langen und der kurzen Karte" ist erschienen im Buch- und Kunstverlag Oberpfalz des Battenberg Gietl Verlags (ISBN 978-3-95587-070-6, 14,90 Euro).

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