Salmonellen-Epidemie durch bayerische Eier?

Im vergangenen Sommer erkranken Hunderte Menschen in Europa an Salmonellen. Auslöser sollen Eier einer Hühnerfarm in Niederbayern sein
Es war vor Ostern. Im Jahr 1996. Doch der Appetit der Verbraucher auf Eier war in jener Zeit nicht zu groß, weil ein Eierskandal auf den nächsten folgte. Einige Wochen saß Hühnerbaron Anton Pohlmann zu diesem Zeitpunkt schon hinter Gittern – also da, wo seine Hennen ihr ganzes Leben Eier legen müssen.
Anton Pohlmann, der Hühnergülle ins Trinkwasserschutzgebiet kippen, Schwarzbauten hochziehen und Frischedaten fälschen ließ, darf heute nicht mehr in der Eierwirtschaft mitmischen. Der gelernte Bäcker wurde 1996 vom Landgericht Oldenburg wegen Verstößen gegen das Tierschutz-, Arznei-, und Lebensmittelgesetz verurteilt.
Salmonellen-Epidemie durch verseuchte Eier aus Niederbayern
Pohlmanns Sohn Stefan stand da auch vor Gericht. Er kam mit einer Geldstrafe davon. Heute lebt er in Niederbayern und führt von hier aus die Geschäfte der Firma Bayern-Ei, die täglich eine Million Eier erzeugt und somit zu den größten Unternehmen der Branche in Deutschland zählt. Nun sind laut Recherchen des „Bayerischen Rundfunks“ und der „Süddeutschen Zeitung“ zufolge Stefan Pohlmann und sein unternehmerisches Tun erneut Gegenstand staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen: Ein Salmonellen-Ausbruch in Europa mit zwei Toten und Hunderten Erkrankten soll von dem Eierproduzenten mit Hauptsitz in der Gemeinde Aiterhofen (Kreis Straubing-Bogen) verursacht worden sein.
Die verdächtigen Betriebe wurden schon durchsucht
Unter Tierschützern ist der Name Pohlmann bekannt. Der Verein „Soko Tierschutz“ beobachtet die Aktivitäten der Familie seit Jahrzehnten und hat auch Aufnahmen in dem Betrieb gemacht, aus dem die salmonellen-verseuchten Eier stammen sollen. Die Bilder sind erschreckend: Hühner, die auf toten Hühnern herumtrampeln, eingepferchte Tiere Eierkartons, die mit Hühnerkot verdrecktem Zeitungspapier abgedeckt sind – eine Brutstätte für Keime und Krankheitserreger.
Bayern-Ei-Chef Stefan Pohlmann war gestern nicht zu sprechen. Auch eine schriftliche Anfrage an seine Firma blieb unbeantwortet.
Wie der Regensburger Oberstaatsanwalt Theo Ziegler im Gespräch mit der AZ sagt, wurden in dieser Woche bereits zwei Bayern-Ei-Standorte in Niederbayern durchsucht und Unterlagen sichergestellt: der Bayern-Ei-Hauptsitz bei Aiterhofen und ein Legehennenbetrieb bei Wallersdorf im Landkreis Dingolfing-Landau. „Das war eine größere Aktion“, so Ziegler. Ermittelt werde gegen den Geschäftsführer. Laut Ziegler wird geprüft, ob gefährliche Lebensmittel in den Verkehr gebracht wurden. Derzeit lägen keine gesicherten Erkenntnisse vor, dass durch die Eier der Firma Menschen zu Schaden gekommen seien. Ziegler: „Wir haben das natürlich im Blick und es wird auch in diese Richtung ermittelt..“ „BR“ und der „SZ“ gingen im Juli vergangenen Jahres Salmonellose-Warnungen aus dem Ausland beim Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) ein.
Die Behörden sollen zögerlich reagiert haben. Proben seien teilweise erst nach mehreren Wochen an die zuständigen Labore geschickt worden. Mutmaßlich verseuchte Eier sollen zunächst nicht zurückgerufen worden sein. Das LGL wies die Vorwürfe zurück und betonte: Für eine öffentliche Warnung vor Eiern aus dem betroffenen Betrieb habe es in Bayern zu keinem Zeitpunkt die fachlichen und rechtlichen Voraussetzungen gegeben. In einem am Mittwochabend vom BR ausgestrahlten Beitrag äußerte sich ein Behördenvertreter aus Österreich, wo ein Mensch starb, ziemlich deutlich: Die Auswertungen hätten ergeben, dass eindeutig Eier von Bayern-Ei die Ursache des Salmonellen-Ausbruchs waren. Die Staatsanwaltschaft Regensburg indes hat mit den Nachbarn in Österreich noch nicht gesprochen, wie Ziegler einräumt. „Wir werden Rechtshilfemaßnahmen ergreifen“, sagt er. Bislang aber habe sich noch kein offizieller Behördenvertreter aus dem Ausland an die Staatsanwaltschaft gewandt. Auf die Frage, ob es nicht an der Zeit sei, selbst die Initiative zu ergreifen, antwortet Ziegler: „Da sind wir dran.“ Hannes Lehner