Saisonarbeiter: Sie stechen für uns
München - Etwa 1500 Arbeitsstunden dauert es, um den Spargel auf einem Hektar Land zu ernten und für den Verkauf aufzubereiten, heißt es vom Deutschen Bauernverband. Da die Spargelsaison in jedem Jahr nur bis zum 24. Juni andauert, müssen die Spargelstecher also möglichst schnell arbeiten – an sechs Tagen die Woche.
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Bei einem Durchschnittsertrag von 5000 Kilo pro Hektar errechnet der Verband einen Personal-Kostenblock von 2,50 Euro pro Kilo Spargel. Die müssen auf dem Markt erst einmal wieder reingeholt werden. Da in Deutschland seit 1. Januar 2015 der gesetzliche Mindeslohn gilt, leiten die Bauern daraus ab: höhere Preise.
„Ein Deutscher würde das für dieses Geld nicht tun“
In Bayern variiert der Preis für den heimischen Spargel laut dem Bayerischen Bauernverband heuer sehr stark. Die theoretische Erhöhung aufgrund der gestiegenen Lohnkosten liege „im Bereich von fünf bis 20 Prozent“.
Etwa 300 000 Menschen stechen laut Deutschem Bauernverband unseren Spargel – genau weiß man das nicht. Die Übergangszeit nach dem EU-Beitritt von Rumänien und Bulgarien ist um, eine Beschäftigung von Menschen von dort läuft nicht mehr über die Arbeitsagentur – sie werden nicht mehr registriert.
Etwa zwei Drittel der Saisonarbeiter kommen aus Rumänien, die Übrigen zum Großteil aus Polen. Es waren einmal mehr Polen, die Relationen ändern sich je nach wirtschaftlicher Lage in den Herkunftsländern. Deutsche Spargelstecher gibt es nicht. „Den ganzen Tag in gebückter Haltung über das Spargelfeld gehen ist anstrengend, bei Erdbeeren ist es noch schlimmer“, sagt Karin Alzinger vom Bayerischen Bauernverband. „Das würde kein Deutscher tun. Der Arbeitsanreiz von 8 Euro ist für einen Deutschen ein anderer als für einen Rumänen.“
<img alt=. „Die Leute kriegen aber auch dann noch sehr wenig Geld für diese harte Arbeit“, sagt Dominique John von der DGB-Einrichtung „Faire Mobilität“. Das Stundenentgelt darf außerdem an Akkordvorgaben gekoppelt werden. „Wenn jemand den Akkord nicht halten kann, muss er eben gehen.“
Auf manchen Höfen würde den Arbeitern zu viel vom Lohn abgezogen für Verpflegung und Unterkunft, die Abrechnungen seien häufig auch nicht transparent. Da die Spargelstecher in keiner deutschen Gewerkschaft sind, ist es schwer, ihre Rechte zu vertreten. Der DGB kann beispielsweise Betriebsbesuche machen und sich von Arbeitern berichten lassen. 60 Betriebe in Brandenburg und Rheinland-Pfalz hat er im Vorjahr besucht, keinen einzigen in Bayern. „Es wird grundsätzlich zu wenig kontrolliert“, sagt John. Es sei außerdem eine politische Frage, wer das erhöhte Entgelt bezahle: der Bauer – oder, weil dieser seine Gewinnschöpfung beibehalten wolle, der Endverbraucher.
Ob eine Preiserhöhung um 20 Prozent am Markt durchgesetzt werden könne, sehe man zum Ende der Spargelsaison, sagt der Bayerische Bauernverband. Heimischer Spargel sei aber wegen der Qualität, der Frische und den kurzen Wegen seinen Preis aber „allemal wert“.
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