Rücktritt von Papst Benedikt: Der wahre Grund

Viele haben sich gefragt: Warum ist Benedikt XVI. 2013 wirklich zurückgetreten? Ein Brief liefert nun neue Antworten.
von  rus, kna
Papst Benedikt XVI. verlässt am 28. Februar 2013 den Balkon des Apostolischen Palastes in Castel Gandolfo, nachdem er die versammelten Gläubigen gegrüßt hatte, die sich von ihm zwei Wochen nach seinem Rücktritt verabschieden wollten.
Papst Benedikt XVI. verlässt am 28. Februar 2013 den Balkon des Apostolischen Palastes in Castel Gandolfo, nachdem er die versammelten Gläubigen gegrüßt hatte, die sich von ihm zwei Wochen nach seinem Rücktritt verabschieden wollten. © Foto: dpa/Michael Kappeler

Intrigen, Lügen und Verrat im Vatikan sollen beim Amtsverzicht Benedikts XVI. 2013 wohl eine mindestens so große Rolle gespielt haben wie die angeschlagene Gesundheit. Das sagte der Papstkenner Helmut Hoping, Professor für Dogmatik in Freiburg, der AZ nach dem Tod des bayerischen Pontifex.

Doch nun offenbart ein Brief: Schlaflosigkeit war offenbar der entscheidende Grund für den Rücktritt im Februar 2013. Das soll Benedikt XVI. selbst nur wenige Wochen vor seinem Tod an Silvester in einem Brief an seinen Biografen Peter Seewald geschrieben haben.

Schlaflosigkeit seit dem Weltjugendtag in Köln 2005

Demnach hat Joseph Ratzinger, wie er mit weltlichem Namen hieß, am 28. Oktober 2022, neun Wochen vor seinem Tod, in seinem letzten Brief an Seewald das "zentrale Motiv" für seinen Amtsverzicht enthüllt: "die Schlaflosigkeit, die mich seit dem Weltjugendtag in Köln ununterbrochen begleitete." Der Weltjugendtag in Köln fand im August 2005 statt.

Seewald fühlte sich verpflichtet, "das mir anvertraute entscheidende Detail aus der Krankengeschichte des deutschen Papstes zu veröffentlichen". Sein Ziel: "Ich hoffe, dass damit die Verschwörungstheorien und irren Spekulationen endgültig aus der Welt geschafft werden."

Bereits 2010 habe der damalige Papst in seinem Interviewbuch "Licht der Welt" gegenüber ihm, Seewald, "unmissverständlich angekündigt, dass er von der Option für einen Rücktritt Gebrauch machen würde, sobald seine Kräfte es nicht mehr zuließen, das Amt Petri auszuüben. Leider hat davon kaum jemand Notiz genommen".

Medikamente gelangten "an ihre Grenzen"

In dem Brief schreibt Benedikt XVI., die "starken Mittel", die ihm sein damaliger Leibarzt verschrieben habe, hätten zunächst gewirkt und seine "Verfügbarkeit" als Papst garantiert. Die Medikamente seien jedoch bald "an ihre Grenzen" gelangt und hätten seine Verfügbarkeit "immer weniger sicherstellen" können.

Schließlich sei es bei seiner Reise nach Mexiko und Kuba im März 2012 zu einem schweren Zwischenfall gekommen. Am Morgen nach der ersten Nacht habe er, so Benedikt in dem Brief, wie üblich nach seinem Taschentuch gegriffen. Dieses sei "total mit Blut durchtränkt" gewesen. "Ich musste im Badezimmer irgendwo angestoßen und zu Fall gekommen sein." Ein Chirurg habe die Sache "gottlob" so zu behandeln gewusst, dass die Verletzungen nicht sichtbar gewesen seien.

Nach diesem Unfall habe sein neuer Leibarzt zu einer Verringerung der Schlafmittel gedrängt und darauf bestanden, dass er, Benedikt, bei künftigen Auslandsreisen nur noch an den Vormittagen öffentlich auftreten dürfe.

Ihm sei, so Benedikt weiter, klar gewesen, dass diese medizinisch begründeten Einschränkungen "nur für eine kurze Zeit gelten konnten". Dazu passt, dass Benedikt zum früheren Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone bereits im Frühjahr 2012 von Rücktritt gesprochen haben soll, wie Bertone kürzlich berichtete. Ratzingers Gesundheit war noch nie die beste, im Alter von 86 Jahren war ihm ein neuer Herzschrittmacher eingesetzt worden, sein linkes Auge war nach einer Infektion vollständig erblindet und die Arthrose ließ sich nicht mehr verbergen, schreibt Seewald über Benedikts Zustand im Jahr des Rücktritts.

Ein neuer Papst sollte zum Weltjugendtag 2013 

Weil die nächste große Auslandsreise, der Weltjugendtag in Rio de Janeiro, im Juli 2013 stattfinden sollte und er gewusst habe, dass er diesen Termin nicht mehr würde "bewältigen" können, habe er seinen Rücktritt so zeitig geplant, dass nach Rio bereits ein "neuer Papst" würde reisen können, so Benedikt.

Benedikt XVI. beteuerte in dem Brief, er würde wieder zurücktreten. Seewald bestätigte am Freitag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) einen entsprechenden Bericht des Magazins "Focus" über besagten Brief.

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