Rock im Park: Muse als erlösendes Finale
NÜRNBERG - Fulminantes Ende des viertägigen Spektakels: Bei aufziehenden Regenwolken begeistern der Headliner und die ewig grummelnden Motörhead als Schluss-Akkord
Man muss festhalten: Der Wettergott, so es ihn gibt, hat ein Herz für Rocker und dramatisch Momente. Für Rocker, weil es pünktlich ab dem ersten Rock im Park-Konzert trocken war und herrlichste Sonnen-Stimmung bis (fast) zum letzten Akkord herrschte. Für dramatische Momente, da pünktlich, als die Metal-Dinosaurier von Slayer auf der Alternastage loswalzten, und gerade, als die Muse-Show ihren pathetischen Höhepunkt erreichte, als Laser-Strahlen über das Zeppelinfeld flackerten, die Rockoper zur ganz großen Geste ausholte, der erste, heftige Windstoß kam und den Geruch von Regen brachte. Der Himmel wurde schwarz, und die Masse vor der Hauptbühne bejubelte dicke Regenplatschen. Mehr Stimmung geht nicht. Wenn Wetter und Muse gemeinsame Sache machen, ist nach einem tropisch heißen Nachmittag die Erlösung in großen Rocksongs um so himmlischer.
„We will be victorious“ war da bei der aktuellen Single „Uprising“ am Ende des Auftritts mit allem, was Showtechnik im Jahr 2010 zu bieten hat, auf den LED-Wänden zu lesen – und Muse waren siegreich. Das lag zum Großteil an Sänger und Multiinstrumentalist Matthew Bellamy, der den komplexen Prog-Arrangements bei exzellentem Klang an Gitarre oder Klavier den roten Faden verlieh und mit seinen zwei Kollegen die Masse zum Schwelgen, Träumen, Hüpfen brachte. Was für ein Finale!
Bereits am frühen Abend hatte es nach (viel zu) langer Pause ein Wiedersehen mit alten Helden der Grunge-Ära gegeben: Alice In Chains aus Seattle eröffneten ihr Set mit einem geradeaus wütenden „Them Bones“. Groß. Aber trotz des neuen Sängers William DuVall, dessen zweistimmiger Harmoniegesang mit dem sichtbar gealterten Jerry Cantrell wunderbar funktioniert, bleibt das Wiedersehen eher in Nostalgie denn in echter Begeisterung verhaftet.
Volbeat direkt danach prügelten sich durch ihren heftigen Schweinerock, während auf der Hauptbühne 30 Seconds To Mars vor immer bedrohlicher wachsender Wolkenkulisse in Stellung gehen. Allein: Auch diese himmlische Dramatik half nix. Der konturlose Kommerz-Breitwand-Alternativerock wird selbst durch den pinkfarbenen Irokesen-Schnitt von Sänger und Hollywood-Beau Jared Leto nicht spannender. Die Songs des aktuellen Albums „This Is War“ können auf der großen Bühne nur wenig überzeugen – einzig die Single „Kings and Queens“ bleibt in ihrer Operettenartigkeit haften. Aber ein Festival ist ja zum Feiern da, also feierte die Masse trotzig weiter.
Für bald 30 Jahre Bandgeschichte äußerst vital zeigten sich Slayer auf der Alternastage, besonders aggressiv bollerten sich die Herren Kerry King (immer wieder lustig anzusehen, dieser Gitarren-Gimli mit dem extra bösen Gesichtsausdruck) und Tom Araya an Gesang und Bass durch den Sturm. Eine Ansammlung herrlich aus der Zeit gefallener Hochgeschwindigkeits-DoubeBass-Brecher. Einer kam dann noch zum Schluss und beendete die Open-Air-Konzerte des diesjährigen Festivals standesgemäß: der Eine. Lemmy Kilmister, lebende Legende, Zyniker, Bassist und authentischste Rocksau des Planeten mit seiner im 35. Jahr stetig weitergrummelnden Band Motörhead. Angefangen bei „Iron Fist“ marschierte das Trio stracks in Richtung „Ace Of Spades“ – und setzte so einen absolut fulminanten Schlussakkord. Martin Mai
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