Robert Habeck macht Wahlkampf – ausgerechnet in der Motorworld

Der Spitzenkandidat der Grünen begeistert in München 2500 Anhänger – für Irritationen sorgt die Wahl der Location.
von  Tobias Lill
Robert Habeck hat am Wochenende Halt in München
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Robert Habeck hat am Wochenende Halt in München gemacht. © Andreas Gregor

München - Es ist nur eine kleine Menschentraube, die vor einer Corvette steht. Der Verkäufer lässt das Verdeck des extra flach designten Sportwagens unter einem lauten "Wow"-Ausruf eines Zuschauers herunterfahren. Ein anderer Auto-Junkie filmt das Spektakel. Es sind Szenen, wie sie in der Motorworld in München-Freimann Alltag sind – doch für das Umfeld eines Grünen-Parteitags dürften sie ungewöhnlich sein.

Auch wenn in der Motorworld neben Spritschluckern auch viele E-Autos zu besichtigen sind – als Hotspot der Grünen galt die riesige Auto- und Event-Location bislang nicht.

Schließlich steht die Ökopartei wie kaum eine andere Gruppierung für Klimaschutz – und die ist ohne eine Verkehrswende hin zu mehr Bahn und ÖPNV nicht zu machen. Dennoch trat Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck am Samstagnachmittag ausgerechnet im Dampfdom in der Motorworld auf.

Habeck macht Wahlkampf in der Motorworld München

Trotz der aus Sicht mancher Grünen-Anhänger gewöhnungsbedürftigen Location ist bereits am Mittag eine riesige Schlange am Einlass – dabei spricht Habeck erst um 15 Uhr. 1700 Menschen passen in die Halle. Gut 20 Minuten vor Beginn ruft ein stämmiger Security in die Menge, dass die Halle voll sei.

Die Partei reagiert und öffnet ein paar Nebenräume und richtet eine Übertragung vor der Halle ein. Am Ende schätzten ein Parteisprecher sowie eine Polizistin, dass knapp 2500 Menschen Habecks Rede zugehört hätten.

Münchens Grünen-Chef: "Vielleicht sind wir genau richtig hier." 

Florian Siekmann, Vorsitzender der Münchner Grünen,  sagt zu Beginn über der Location: "Vielleicht sind wir genau richtig hier." Schließlich wollten die Grünen "Industriepolitik für die Zukunft machen".  Die Partei glaube an eine grüne Zukunft der Automobilindustrie – mit Elektromobilität und ausreichend Ladestationen. Nebenbei verkündet der Landtagsabgeordnete einen neuen Mitgliederrekord der Münchner Grünen: 5400 Menschen an der Isar gehören nun der Ökopartei an.

Münchens Grünen-Chef: der Landtagsabgeordnete Florian Siekmann.
Münchens Grünen-Chef: der Landtagsabgeordnete Florian Siekmann. © privat

Für ihn sei klar, dass Habeck der richtige Kanzlerkandidat ist. Die Partei stehe hinter ihm, anders bei der Union. Jeder wisse, wen CSU-Chef Markus Söder in Wahrheit für den geeigneten Kandidaten halte. Als Habeck unter Dauerjubel die Halle betritt, hält es kaum jemanden auf den Stühlen. Habeck liefert.

Er betont, dass die Grünen anders als viele andere Parteien konsequent für die Bewahrung der Freiheit stünden. Er kritisiert Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dafür, dass dieser der Ukraine weitere drei Milliarden Euro an Militärhilfen verweigere. "Am Ende werden wir einen hohen Preis dafür bezahlen", rief Habeck dem Publikum zu. Er glaubt nicht, dass sich Putin mit der Eroberung der Ukraine zufrieden gibt.

Robert Habeck kritisiert Olaf Scholz für die Verweigerung weiterer drei Milliarden Euro an Militärhilfen für die Ukraine (Archivbild).
Robert Habeck kritisiert Olaf Scholz für die Verweigerung weiterer drei Milliarden Euro an Militärhilfen für die Ukraine (Archivbild). © imago images/Political-Moments

Habeck kritisiert die Union scharf

Der Politiker gestikuliert oft wild, bleibt im Ton aber ruhig und höflich. Inhaltlich kritisiert er vor allem die Union scharf. Mehrfach warnt der Bundeswirtschaftsminister in seiner Rede vor den Folgen wirtschaftsliberaler Politik, fordert eine Reform der Schuldenbremse. Die von Unionspolitikern oft beschworene schwäbische Hausfrau mache im Alltag ja nur deshalb keine neue Schulden, weil sie bereits ein Haus habe. "Doch das Haus Deutschland ist marode."

Habeck in München.
Habeck in München. © Andreas Gregor

Die Infrastruktur sei in einem katastrophalen Zustand. "Die Pünktlichkeit der Bahn ist nur mehr ein schlechter Witz." Der Staat müsse jetzt in die Zukunft des Landes investieren.

Mit Blick auf den jüngsten Rechtsruck der Union sagt Habeck: "Wir dürfen nicht glauben, dass wir Populismus mit seinen eigenen Mitteln schlagen können." Deutschland dürfe in der Flüchtlingspolitik nicht agieren wie Ungarn. Habeck betont, wie sehr der aus seiner Sicht zunehmende Rassismus dem Land schade. Für Habeck, der Anzughose und schwarzen Pullover trägt, ist klar: "Sollte die AfD noch stärker werden, wäre das der Sargnagel für die deutsche Wirtschaft."

Früher hat Habeck auf dem Marienplatz gesprochen. Alle seien "klitschnass" geworden, erinnert er sich. Der Platz war voll. Warum also jetzt in einer Halle? Aus Sicherheitsgründen habe man sich gegen eine Veranstaltung Draußen entschieden, heißt es bei den Grünen. Die Hallen im Zentrum seien zu klein gewesen - daher ging es in die Motorworld.

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