Ritterschlag im Häuserkampf

Die fränkische Autoren Johannes W. Betz und Peter Braun schrieben das Buch für den neuen Hamburger ARD-Tatort. „Häuserkampf" ist de zweite Fall des verdeckten Ermittlers Cenk Batu (Mehmet Kurtulus).
von  Abendzeitung
Zwei „Tatort“-Autoren aus Bamberg: Johannes W. Betz (links) und Peter Braun.
Zwei „Tatort“-Autoren aus Bamberg: Johannes W. Betz (links) und Peter Braun. © Gundermann

NÜRNBERG - Die fränkische Autoren Johannes W. Betz und Peter Braun schrieben das Buch für den neuen Hamburger ARD-Tatort. „Häuserkampf" ist de zweite Fall des verdeckten Ermittlers Cenk Batu (Mehmet Kurtulus).

Auch bei Krimis gibt es Entstehungsgeschichten, die mindestens so bizarr wirken wie es das Thriller-Endprodukt sein soll. Bei den Bamberger Drehbuchautoren Johannes W. Betz und Peter Braun waren es ein toter Romantik-Dichter, eine ehemalige Bundestagsabgeordnete der Grünen und eine frühzeitige abgesetzte Fernseh-Krimiserie, die beide zusammenarbeiten ließen. Das Ergebnis ist am Ostermontag ab 20.15 Uhr in der ARD zu sehen. Die Franken aus der Bischofsstadt haben im Tandem das Buch zum Hamburger „Tatort“ mit dem Titel „Häuserkampf" verfasst, zweiter Fall des verdeckten Ermittlers und türkischstämmigen Kommissars Cenk Batu (Mehmet Kurtulus).

„Es reizt einen, das ,Tatort’-Format aufzubrechen. Cenk Batu war überfällig", sagt Johannes W. Betz. Seit 15 Jahren verfasst der gebürtige Bayreuther, der an der Filmakademie in Baden-Württemberg studierte, Drehbücher. So entwickelte er als Headwriter das Serienkonzept der RTL-Krimireihe „Die Cleveren", verfasste das Skript zu „Die weiße Massai", dem kommerziell erfolgreichsten deutschen Kinofilm des Jahres 2005, sowie zum TV-DDR-Fluchtdrama „Der Tunnel" und schrieb die Ende 2007 ausgestrahlte Sat.1-Krimi-Serie „Deadline“, die wegen mangelnder Einschaltquoten jedoch vorzeitig eingestellt wurde.

Dafür schwirren jede Menge Entwürfe, die Johannes W. Betz bereits entwickelt hatte, durch die Sender. So auch „diese Idee mit der Rache eines Toten, der jemanden auf eine Schnitzeljagd durch Hamburg schickt", die er Produzentin Nina Lenze anbot. Als Anfang 2008 eine oberfränkische Lokalpolitikerin Johannes W. Betz mit dem Bamberger Autor und E.T.A. Hoffmann-Experten Peter Braun zusammenbrachte und ein E.T.A. Hoffmann-Kinofilmprojekt über den Romantikdichter anregte, erhielt Betz die „Tatort“-Anfrage. Gemeinsam mit Peter Braun entwickelte er eine Handlungszusammenfassung. Mit Erfolg. „Der NDR wollte das sofort machen. Das war ein Treffer ins Schwarze. Zack, wir hatten einen Tatort", sagt Betz rückblickend und sichtlich zufrieden.

Bis zur endgültigen Drehbuchfassung war es allerdings „ein sehr langer Weg". Sieben Skriptversionen schrieben die Autoren. Zudem gab es am Ende einen Nachdreh, um die Figur des Kommissars und ihre Motivation deutlicher zu machen. Denn der Film hat „experimentellen Charakter", wie Betz sagt. Außergewöhnlich ist schon mal, dass es in den 90 Minuten, während der sich Cenk Batu als verdeckter Ermittler ins Hamburger Spezialeinsatzkommando einschleust, nur einen Toten gibt, und der starb durch Selbstmord.

Es ist der vermeintliche Geiselnehmer Zoltan Didic (Stipe Erceg), der sich vor den Augen eines SEK-Kommandos umbringt, kurz zuvor jedoch einem Beamten noch seine letzte Botschaft übermittelt. In drei Stunden soll dessen Familie irgendwo in Hamburg durch eine Zeitbombe sterben. Undercover-Kommissar Cenk Batu muss unter Zeitdruck nicht nur eine Familie retten, sondern auch herausfinden, welche Verbindung zwischen dem Toten und dem SEK-Spezialisten besteht, der verdächtigt wird, im Ausland illegal Sicherheitskräfte ausgebildet zu haben.

Eine Geschichte, „die viele Volten schlägt und für einen Tatort untypisch ist", sagt Betz. Und Peter Braun fügt hinzu: „Es passiert ständig etwas, das man so wirklich nicht erwarten würde. Die Handlung wird immer wieder wie eine Billardkugel in eine andere Richtung gestoßen." Dass der 48-Jährige, der bislang Biografien und Sachbücher zu Literaturthemen verfasste, beim Drehbuchdebüt gleich ans populärste TV-Krimiformat geriet, empfindet er „als Ritterschlag".

Weitere Zusammenarbeit mit Betz kann sich Braun gut vorstellen. So entwickeln beide bereits eine weitere Cenk Batu-Grundidee. Zuschauerreaktionen wollen sie am Montag live beobachten. Sie werden sich „Häuserkampf“ in einer kleinen Bamberger Kneipe am Stephansberg bei einem intimen „Public Viewing“ anschauen. 60 Plätze sind zu vergeben – Reservierungen unter Tel. 0951/ 56000. Frank Gundermann

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