Riesen-Wirbel um Gartenzwerg mit Hitlergruß
Die goldenen Wichtel werden in einer Nürnberger Galerie verkauft - und sind Teil eines Kunstwerks gegen rechts von Akademie-Präsident Ottmar Hörl.
NÜRNBERG Er ist 41 Zentimeter hoch, ganz aus goldfarbenem Plastik gefertigt, kostet 50 Euro und sorgt für jede Menge Ärger. Denn der grinsende Gartenzwerg hebt seine rechte Hand zum Hitlergruß! Gar nicht lustig – finden viele Nürnberger. „Sind wir jetzt wieder so weit, dass wir hier ungebremst jeden Dreck vermarkten dürfen?“, schimpft ein AZ-Leser, der die Figur im Schaufenster der Kunstgalerie Weigl in der Inneren Laufer Gasse entdeckt hat. „Mit Kunst hat dies nichts mehr zu tun“, heißt es in dem Brief an die AZ. „Das widerlichste Fundstück der Woche!“
Darf man einen Gartenzwerg mit Hitlergruß aufstellen? Ein Fall fürs städtische Rechtsamt. „Normalerweise macht sich strafbar, wer solche Nazi-Symbole verwendet“, sagt Stadtjurist Thomas Maurer. Und auch Galerist Erwin Weigl, der schon einige der Zwerge verkauft hat, macht sich so seine Gedanken: „Ich habe mich schon gewundert, dass sich der Künstler das traut. Aber es wird schon abgesegnet sein.“
In der Tat gibt es Ausnahmen. Etwa wenn die Darstellung der Nazi-Symbole zum Kampf gegen neonazistische Tendenzen verwendet wird. Oder wenn die Darstellung der Kunst oder Wissenschaft dient. Wie im Fall des Plastik-Zwergs, gibt Jurist Maurer Entwarnung. Denn der Zwerg ist Kunst, und dessen Schöpfer ist Ottmar Hörl, der Präsident der Nürnberger Kunstakademie.
In Straubing gab's eine erregte Debatte über die Hitler-Wichtel
Schon vor sechs Jahren sorgte Hörl für viel Aufregung, als er 7000 grüne Plastikhasen für zwei Wochen auf dem Hauptmarkt aufstellte. Die Hitler-Wichtel sind Teil einer Installation, die der Kunstprofessor vor einigen Monaten in Gent in Belgien erstmals gezeigt hat.
„Die Belgier wollten von mir eine Arbeit gegen rechts“, sagt Hörl zur AZ. „Poisoned – Dance of the Devil“ heißt das Werk. Auf gut Deutsch: „Vergiftet – der Tanz der Teufel“. „In Gent haben das die Menschen verstanden“, sagt Hörl. „1942 wäre ich erschossen worden, wenn ich die Herrenrasse als Gartenzwerge dargestellt hätte.“ Der Zwerg zeige, dass die von ihm symbolisierte Art des Denkens immer noch Teil unserer Gesellschaft ist. „Wir sollten nicht die Augen verschließen, dass die faschistische Konstante in einer Gesellschaft nach wie vor vorhanden ist“, sagt der Künstler. „Wir müssen sehr auf der Hut sein, dass dieses gesellschaftliche Modell nicht wie ein Virus wieder in Gesellschaften eindringt.“
Doch die Botschaft kommt nicht überall an. In Straubing gab es eine erregte Debatte über die Zwergen-Kunst. Ergebnis: 1250 Giftzwerge werden nicht wie vorgesehen auf dem Stadtplatz aufgestellt. Was der Künstler bedauert. „Das wäre eine Demonstration gegen rechts geworden. Das hätte mir als Alt-68er Spaß gemacht“
Für Käufer einzelner Heil-Hitler-Gartenzwerge kann Stadtjurist Thomas Maurer Entwarnung geben. Sie müssen keine Angst vor Strafverfolgung haben. Denn auch wenn die Zwerge einzeln im Garten stehen, gelten sie als Kunstwerke.
Michael Reiner