Richter-Ausstand mit Wasser und Brot

Das Bierfass wird nicht angezapft, bayerische Gemütlichkeit bleibt womöglich auf der Strecke: Für die Ausstandsfeier eines Fürther Amtsrichters wird vom gerichtlichen Alkoholverbot keine Ausnahme gemacht. Entschieden wurde dies in einem Rechtsstreit - unter Juristen.
von  Abendzeitung
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ANSBACH - Das Bierfass wird nicht angezapft, bayerische Gemütlichkeit bleibt womöglich auf der Strecke: Für die Ausstandsfeier eines Fürther Amtsrichters wird vom gerichtlichen Alkoholverbot keine Ausnahme gemacht. Entschieden wurde dies in einem Rechtsstreit - unter Juristen.

Amtsrichter Werner Schultheiß (64) will seinen Abschied aus dem Dienst am 1. April in der Gerichtskantine feiern. Doch dabei dürfen allenfalls Selters oder Limo in Strömen fließen; Bier oder andere alkoholische Getränke bleiben verboten. Das hat das Verwaltungsgericht Ansbach entschieden – und damit das vom Fürther Amtsgerichtsdirektor Klaus Kuhbandner verhängte Alkoholverbot bestätigt.

Hausrecht sei schließlich Hausrecht. Und wenn Kuhbandner so entschieden habe, müssten dies auch Beinahe-Ruheständler akzeptieren, meinten die Verwaltungsrichter.

"Weiß-blaue Rautenkrawatte"

Schultheiß selbst, der seinen Kollegen bei seiner Abschiedsfeier gerne eine deftige Brotzeit samt einem guten bayerischen Bier serviert hätte, sieht das freilich ganz anders: „Bier gehört zu einer Feier dazu – zumal in Bayern“, argumentierte der streitbare Jurist, der zum Gerichtstermin in weiß-blauer Rautenkrawatte erschienen war. „Das ist Brauchtumspflege und Gemütlichkeit“, unterstrich er.

Schultheiß muss es wissen: Schließlich hat er sich in seiner 1978 erschienenen Doktorarbeit intensiv mit der Bedeutung von Bier für die Region Nürnberg beschäftigt. Titel seiner Dissertation: „Brauwesen und Brauereien in Nürnberg“. Zudem verwies Schultheiß darauf, dass in der großen bayerischen Politik die Sache mit dem Alkoholverbot in Amtsräumen wohl relativ locker gesehen werde: „Mein Chef soll mal fernsehschauen: In München gibt es doch keinen Staatsempfang, bei dem nicht Sekt gereicht wird“, gab der 64-Jährige zu bedenken.

Und auch Justizministerin Beate Merk (CSU) habe erst in der Vorweihnachtszeit in einem Justizmagazin geschrieben: „Jetzt, wo sich die Akten türmen, sollen Mitarbeiter auch Glühwein trinken und Plätzchen verteilen“. Er frage sich, ob er denn nun seine Abschiedsfeier als Weihnachtsfeier umdeklarieren solle.

"Willkürliche Sachbehandlung"

Auch habe er den Eindruck, dass in Sachen Alkoholverbot am Amtsgericht Fürth mit zweierlei Maß gemessen werde. So habe eine junge Zivilrichterin bei ihrem Einstand vor drei Jahren in der Justiz-Kantine drei Flaschen Sekt ausgeben dürfen. „Ich selbst darf hingegen nur Selters trinken. Das finde ich eine willkürliche Sachbehandlung“, beklagte er in bestem Juristendeutsch.

Im bayerischen Justizministerium heißt es unterdessen, es gebe in Sachen Alkoholverbot keine genauen Anordnungen des Ministeriums. „Wir überlassen das jedem Behördenchef“, sagte Sprecher Wilfried Krames. „Da haben wir keine Marschroute vorgegeben.“

"Amtsgericht ist doch kein Offizierskasino"

Der vor dem Verwaltungsgericht erschienene stellvertretende Fürther Amtsgerichtdirektor Herbert Enz blieb dennoch hart: „Das Amtsgericht ist doch kein Offizierskasino“, argumentierte er. Amtsgerichts-Chef Kuhbandner hatte schon in einem Eilverfahren klar gemacht, dass es von dem Alkoholverbot keine Ausnahme geben dürfe. Und das Verbot existiere schließlich schon seit dem 18. Mai 1993.

Zudem hätte es dem in Ruhestand gehenden Richter auch freigestanden, seine Kollegen in ein Lokal oder nach Hause einzuladen, wenn ihm der Bierkonsum wichtig sei. Doch das kommt für Schultheiß nicht in Frage. Er werde in die Kantine einladen: „Dann feiern wir dort eben bei Wasser und Brot“, stellte er nach dem Urteil trotzig fest. (Klaus Tscharnke, dpa)

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