Rettung für die Abstellkammern

Synagogen in Franken sind das Thema einer Fotoausstellung des Duos Dollhopf/Liedel im NS-Dokuzentrum
von  Abendzeitung
Auch die Synagoge in Georgensgmünd kam nach dem Krieg als Lagerraum herunter - heute wird sie als Raum für Kultur und Andacht genutzt.
Auch die Synagoge in Georgensgmünd kam nach dem Krieg als Lagerraum herunter - heute wird sie als Raum für Kultur und Andacht genutzt. © Dollhopf/Liedel

NÜRNBERG - Synagogen in Franken sind das Thema einer Fotoausstellung des Duos Dollhopf/Liedel im NS-Dokuzentrum

Die Kultur soll’s mal wieder richten, nach dem Abzug der Barbarei. Die zerfallenden Übrigbleibsel eines ausgelöschten jüdischen Landlebens wurden als Zeichen von Respekt und Wiedergutmachung aufpoliert und restauriert. Und dienen gerne als schmucke Räume für Kultur, Mahnen und Seminare. Der versteckten Geschichte fränkischer Synagogen sind die Fotografen Helmut Dollhopf und Herbert Liedel im Zeitsprung einer Langzeit-Dokumentation gefolgt. „Jerusalem lag in Franken“ (Echter Verlag) hieß ein Buchprojekt 2006, in dem Entwicklungen von 1984 bis 2004 gegenübergestellt wurden. Das NS-Dokuzentrum greift diese Spurensuche nun in einer bemerkenswerten Ausstellung auf.

Einen „Spiegel der Gewalt“ sieht Hans-Christian Täubrich, Leiter des Doku-Zentrums, in diesen Fotos, die sich in der kleinen Säulenhalle des Täter-Gemäuers als zweite Gedankenebene vor die rohen, roten Backsteinwände schieben. Aus ganz Franken stammen die Beispiele. Dass diese Bethäuser die Reichskristallnacht überstanden, hat was mit der engen Dorfbebauung zu tun: Man fürchtete, dass angrenzende Häuser mit abfackelten. Etwa drei Dutzend Bauten fanden Dollhopf und Liedel noch. Die Synagoge in Wiesenfeld, die als Pferdestall diente und nun vom Gesangverein genutzt wird. Die Synagoge von Großlangheim, die Garage für knallrote Feuerwehrautos war (an der Wand stand: „Gott zur Ehr', dem Menschen zur Wehr"), bevor sie wieder im sanierten Dunkelblau erstrahlte. Rettungsversuche findet man neben dem lapidaren Umsiedeln der Vergangenheit, wenn das Gottes- zum Einfamilienhaus umgebaut wird.

Solches Vorgehen, sagt Täubrich, sei in der „Menschheitsgeschichte nicht gänzlich unbekannt“, gerade heute, wo Kirchen zu Restaurants und Supermärkten werden. Trotzdem lenkt dieses „Projekt gegen das Vergessen“, bei dem sich ästhetischer Reiz und stummer Vorwurf begegnen, auch den zweifelnden Blick auf angepeilte Verständigung. Denn, sagt Dollhopf, in den Begegnungszentren jüdischen Ursprungs „begegnen sich vor allem Nichtjuden“. daer

Doku-Zentrum Reichsparteitagsgelände: Eröffnung Donnerstag, 19 Uhr; bis 28. 3., Mo-Fr 9-18, Sa/So 10-18 Uhr. Eintritt frei. Das Buch „Jerusalem lag in Franken“ kostet 29 Euro

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