Rennleiter-Schicksal: Früh aus den Federn, spät ins Bett

Thomas Dill steht am Norisring ein stressiges Wochenende bevor. Porsche ist die heimliche Liebe des Diplom-Ingenieurs: Jucken würd’s mich schon
NÜRNBERG Er hat sich sieben Tage Urlaub genommen, aber Erholung sieht anders aus. „Das werden schon drei harte Tage“, weiß Thomas Dill, der am Wochenende zum zweiten Mal als Rennleiter beim „Tourenwagen-Eldorado“ (Dill) am Norisring eine Flitzer-Flotte im Gesamtwert von rund 30 Millionen Euro befehligt. „Gottseidank“, sagt der 51-Jährige, „fahren die alle komplett auf eigenes Risiko, ich muss persönlich für nichts haften, also kann ich ruhig schlafen“.
Wenn auch nicht allzu ausgiebig, wie ein Blick auf Dills Zeitplan am Rennwochenende deutlich macht. Der heutige Tag: um sechs Uhr vor Ort, um neun Uhr steht die Streckenabnahme an, um 10 Uhr die erste Fahrerbesprechung, um 11.30 Uhr das erste Training. „Und abends gibt’s noch viel Organisatorisches zu tun, Manöverkritik inklusive“, sagt Dill. „Vor elf Uhr komm’ ich da nicht heim.“
55 Euro Spesen gibt's für Rennleiter Thomas Dill
Am Samstag beginnt der ehrenamtliche Arbeitstag (fürs komplette Wochenende gibt’s 55 Euro Spesen) schon um fünf mit der „Endkontrolle, denn um sechs wird die Strecke abgesperrt. Da muss alles an seinem Platz sein. Und über Nacht passieren da die tollsten Dinge“. Feierabend siehe Freitag. „Und am Sonntag sieht’s ähnlich aus“, sagt Dill, „denn nach dem letzten Rennen geht’s gleich mit dem Abbau los“.
Ehefrau Ingun sieht Dill momentan kaum. „Vielleicht reicht’s ja zu einem gemeinsamen Glas Rotwein, am Sonntag schaut sie aber mal bei mir an der Strecke vorbei.“ Auch Montag und Dienstag ist Präsenz am Norisring angesagt – und am Mittwoch wartet schon wieder der Schreibtisch bei Siemens auf den Diplom-Ingenieur. Kein Wunder, dass sich Dill schon auf den Sommerurlaub mit dem Wohnmobil in Dänemark freut.
Zukunftsmusik. Am Wochenende nehmen die DTM und ihre Partnerserien den Rennleiter voll in Beschlag. Und dabei kann und will Dill seine heimliche Liebe nicht leugnen – den Porsche Carrera Cup. „Da hab’ ich schon ein bisschen ein Auge drauf“, sagt Dill, der 2002 im 996 GT3-Cup beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring Platz neun in der Gesamtwertung belegt hatte. „Ein seriennahes Auto, anfassbare Technik“, schwärmt Dill, „da könnte ich mir schon vorstellen, selbst noch mal mitzufahren“. Aber: „Das kostet rund 15000 Euro pro Einsatz, plus Nebengeräusche.“ Und außerdem: „Als Rennleiter darfst du ja nicht bei deiner eigenen Veranstaltung an den Start gehen. Aber jucken würde es mich schon.“ Gerhard Schmid