Reiter und Co.: OB-Bündnis gegen Rechts

Statistisch gesehen haben die rechtsextremen Übergriffe im Freistaat zwar von 2013 auf 2014 nicht zugenommen (siehe Grafik), doch angesichts einer „steigenden Anzahl rechter Aufmärsche“ und einer „extrem rechten Einstellung“ auch in der Mitte der Gesellschaft sorgen sich viele bayerische Oberbürgermeister zunehmend um die Sicherheit in ihren Städten.
Die Rathauschefs aus München, Nürnberg, Fürth, Erlangen, Bamberg, Hof, Regensburg, Augsburg und Wunsiedel haben sich deshalb jetzt zusammengeschlossen und fordern in einer gemeinsamen Stellungnahme der Staatsregierung ein Umdenken im Kampf gegen Rechts.
„Wir vermissen im aktuellen Konzept der bayerischen Staatsregierung beispielsweise die Auseinandersetzung mit dem Rechtspopulismus, den verschiedenen Spielarten des Rassismus und des Antisemitismus sowie mit konkreten Szenen, beispielsweise den extrem rechten Burschenschaften und den rechtsaffinen Fan-Szenen“, heißt es in dem Papier der Bürgermeister.
Dritte Startbahn: Reiter spricht klare Worte
Bislang setzt die bayerische Staatsregierung im Kampf gegen die gewaltbereite rechte Szene vor allem auf die Polizei und den Verfassungsschutz.
Das sei „nicht ausreichend“, kritisiert Nürnberg Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD). Er und seine Kollegen sehen sich immer häufiger mit Neonazi-Aufmärschen konfrontiert – und fühlen sich dabei von der CSU-Regierung im Stich gelassen.
Bürgermeister: Rechte Einstellung auch in der Mitte der Gesellschaft
„Wir als Kommunen fühlen uns schon ein bisschen alleingelassen, weil wir es ja sind, die letztendlich dieses Thema hautnah erleben und deshalb ist es notwendig, dass sich der Freistaat zu einer Förderung unserer Zivilgesellschaft z.B. durch Geld durchringen können“, betont Münchens OB Dieter Reiter (SPD). Er ergänzt, dass auch eine gesellschaftliche Anerkennung wichtig wäre. „Die Staatsregierung sollte die Zivilgesellschaft mehr als Partner in diesem Prozess annehmen und auch mitnehmen.“
Die Rathauschefs sehen auch eine Verbreitung einer extrem rechten Einstellung in der Mitte der Gesellschaft. „Die jüngst erschienene ,Mitte-Studie’ der Universität Leipzig hat verdeutlicht, dass rassistische, antisemitische, antiziganistische und islamfeindliche Einstellungen weit verbreitet sind (beispielsweise sind 33,1 Prozent der bayerischen Bevölkerung demnach ausländerfeindlich, beim Antisemitismus erreicht die bayerische Bevölkerung mit 12,6 Prozent sogar einen bundesweiten Höchstwert“, schreiben die Politiker in ihrer Stellungnahme.
Sie kritisieren: Kaum Geld für den Kampf gegen Rechts
Rechtsextremismus müsse deshalb auf breiter Basis bekämpft werden, betonen Reiter, Maly und Co. in ihrer Stellungnahme. „In kaum einem Bundesland wird aber so wenig Geld für zivilgesellschaftliche Initiativen gegen Rechtsextremismus und Rassismus bereitgestellt, wie im Freistaat“, heißt es in dem dreiseitigen Papier weiter.
Die Kommunalpolitiker fordern deshalb von der Staatsregierung, das bayerische Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus zu überarbeiten – am besten durch unabhängige Fachleute.
Neben den Bürgermeistern schlägt auch der Deutsche Journalistenverband Alarm (DJV): Er fordert einen wirksameren Schutz seines Berufsstandes vor rechtsextremer Gewalt. „Bei Demos und Kundgebungen von Neonazis erleben Berichterstatter immer wieder, dass sie bedroht und eingeschüchtert werden“, beklagt der DJV-Vorsitzende Michael Konken.
Die Polizei beschränke sich bei solchen Einsätzen jedoch viel zu oft auf die reine Verkehrslenkung anstatt gegen die gewaltbereiten Rechten vorzugehen.