Reichsbürger tötet Polizisten: Ermittlungen gegen weiteren Beamten

Er soll von der Gefährlichkeit des "Reichsbürgers" aus Georgensgmünd gewusst, seine Kollegen aber nicht gewarnt haben: Gegen einen Polizisten wird nun wegen Beihilfe zum Totschlag durch Unterlassen ermittelt.
von  dpa/AZ
Das Haus des Reichsbürgers, der im Oktober einen Polizeibeamten mit einer Schusswaffe getötet hatte.
Das Haus des Reichsbürgers, der im Oktober einen Polizeibeamten mit einer Schusswaffe getötet hatte. © dpa/Daniel Karmann

Er soll von der Gefährlichkeit des Reichsbürgers aus Georgensgmünd gewusst, seine Kollegen aber nicht gewarnt haben: Gegen einen Polizisten wird nun wegen Beihilfe zum Totschlag durch Unterlassen ermittelt.

Nürnberg – Nach den tödlichen Schüssen eines sogenannten Reichsbürgers auf einen Polizisten in Mittelfranken ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen einen weiteren Beamten. Der Verdacht: Beihilfe zum Totschlag durch Unterlassen. Der 50 Jahre alte Kommissar soll vom Waffenbesitz des Reichsbürgers aus Georgensgmünd und von dessen Kontakten zu Gleichgesinnten gewusst haben, wie die Anklagebehörde am Montag mitteilte. Daher habe er die Gefahr, die von dem Mann ausging, erkennen und damit rechnen können, dass dieser seine Waffen benutzt. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft ist der Beamte "dienstlich verpflichtet gewesen, diese Erkenntnis weiterzugeben". So hätten die tödlichen Schüsse auf seinen Kollegen möglicherweise verhindert werden können.

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Der Reichsbürger hatte Mitte Oktober in Georgensgmünd (Landkreis Roth) auf Polizisten eines Spezialeinsatzkommandos geschossen und dabei einen 32-jährigen Beamten getötet und einen weiteren verletzt. Bei dem Einsatz sollten die Waffen des Mannes beschlagnahmt werden.

Hatten die Beamten persönlichen Kontakt zum Todesschützen?

Der 50-jährige Hauptkommissar und ein 49 Jahre alter Oberkommissar waren bereits Mitte November vom Dienst suspendiert worden. Sie sollen schon vor dem Einsatz seit längerem per Handy-Chat Kontakt mit dem Reichsbürger gehabt haben. Auch die Lebensgefährtin des 49-jährigen Kommissars soll in dieser Chat-Gruppe gewesen sein.

Gegen den Oberkommissar wird schon seit November wegen des Verrats von Dienstgeheimnissen ermittelt. Er soll im Polizeicomputer nachgesehen haben, ob es dort im Zusammenhang mit der Waffenerlaubnis des Reichsbürgers Eintragungen gab. Zudem wurden bei dem 49-jährigen Beamten verbotene Gegenstände wie Wurfsterne, ein Wurfmesser sowie eine Schreckschusswaffe ohne Zulassung gefunden.

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Der 50 Jahre alte Hauptkommissar galt zunächst nur als Zeuge. Mittlerweile wurde ihm der Tatvorwurf eröffnet. Er habe sich dazu bisher aber nicht geäußert. Ob die beiden Beamten auch persönlichen Kontakt mit dem Todesschützen hatten, konnte eine Sprecherin der Behörde nicht sagen. Bereits durch die Chat-Kontakte kamen jedoch "Zweifel an der Verfassungstreue der Polizisten auf", sagte der mittelfränkische Polizeipräsident Johann Rast im November. Es gebe auch zumindest einen "gewissen Anfangsverdacht", dass die beiden Beamten auch Reichsbürger sind.


Was genau sind eigentlich Reichsbürger? Welche Ideologie haben sie? Wie gefährlich sind sie? Alle Infos zur Bewegung finden Sie hier.

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