"Reichsbürger"-Razzia in Niederbayern: Wohnung durchsucht
München (dpa/lby) - Bei den Razzien gegen eine Gruppierung der sogenannten Reichsbürger hat die Polizei auch eine Wohnung in der Stadt Mainburg (Landkreis Kelheim) durchsucht. Sie gehöre einem führenden Mitglied mit Hauptwohnsitz in Baden-Württemberg, teilte das bayerische Innenministerium am Donnerstag mit. Die Ermittler stellten dort "szenetypische Propagandamaterialien" sicher.
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte zuvor erstmals eine Reichsbürger-Gruppierung verboten. Dabei handelt es sich um den Verein "Geeinte deutsche Völker und Stämme" ("GdVuSt") und seine Teilorganisation "Osnabrücker Landmark". Bayerns Innenminister Joachim Herrmann bezeichnete das Verbot als "konsequente Reaktion" und klare Botschaft an die Reichsbürgerszene.
"Die verbotenen Gruppierungen sind eher im Norddeutschen Raum anzusiedeln", erklärte ein Sprecher des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz. "In Bayern sind es weniger als zehn Personen." Sie würden alle dem Verein "GdVuSt" angehören. Die ebenfalls verbotene Teilorganisation "Osnabrücker Landmark" ist der Behörde nach eigenen Angaben in Bayern nicht bekannt.
Die Gruppierung "Geeinte deutsche Völker und Stämme" wurde laut bayerischem Innenministerium 2016 in Berlin gegründet. Demnach versuchten Anhänger bei früheren Aktionen das Rathaus in Berlin-Zehlendorf zu übernehmen. Ihr Ziel sei es, Gemeinden zu "reaktivieren" und dadurch unter ihre eigene Verwaltung zu bringen. Sie sollen dann einen "Naturstaat" bilden.
In Bayern gibt es mehrere "reaktivierte Gemeinden", hieß es aus dem Innenministerium, das sich dabei auf Gruppierung bezog. Tatsächlich hätten vergangenes Jahr mehrere Kommunen im Freistaat sogenannte "Reaktivierungsschreiben" bekommen. Absender seien Reichsbürger gewesen, die sich eigene Amtsbezeichnungen ausgedacht hätten.
Die "Reichsbürger"- und Selbstverwalterszene wurde in Bayern erstmals 2016 in den Verfassungsschutzbericht aufgenommen. Demnach ist die Szene sehr heterogen. "Gefährlich wird es vor allem dann, wenn die Hemmschwelle sinkt, Gewalt gegen Repräsentanten der Bundesrepublik Deutschland einzusetzen", heißt es in dem Bericht. Nach Angaben des Innenministeriums mit Stand von Dezember 2019 leben in Bayern rund 3920 Anhänger.
Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur gab es auch Durchsuchungen in Berlin, Brandenburg, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Sachsen und Thüringen. Die Anhänger "bringen durch Rassismus, Antisemitismus und Geschichtsrevisionismus ihre Intoleranz gegenüber der Demokratie deutlich zum Ausdruck", hieß es aus dem Bundesinnenministerium.