Rehe gefährden Wald in Holzkirchen - Ärger um neues Gesetz

Holzkirchen - Stürme, Dürre und Schädlinge setzen den Wäldern schwer zu. Um sie widerstandsfähiger zu machen, sollen mehr Laubbäume wachsen. Doch deren Triebe bevorzugen Rehe. Das bringt Förster und Jäger gegeneinander auf. Es ist ein illustrer Kreis, der durch den nassen Wald zwischen Holzkirchen und Kloster Reutberg stapft. Eingeladen zu einem Sachstandsbericht Wald hatten der Bund Naturschutz (BN) und Waldbesitzer aus Wolfratshausen und Holzkirchen. Sie eint ein gemeinsamer Appell an die Politik in Bayern und Berlin.
Denn sie befürchten, dass mit der Novellierung des Bundesjagdgesetzes diesen Monat dem Wild im Wald der Rücken gestärkt wird und eine effiziente Jagd nicht mehr möglich ist.
Nur weil das Wild aber "auf ein angepasstes Maß reduziert wurde", stehe man hier in einem intakten Wald, sagt der BN-Landesvorsitzende Richard Mergner. "Ganz dramatisch ist der Zustand des Waldes im Fichtelgebirge." Der sei ein Beispiel dafür, "dass die Jagd nicht stimmt". Dort würde man über Jahre hinweg keine für den Klimawandel notwendigen Mischwälder bekommen, sondern nur "Brombeerwüsten".
Mehr Rehe als der Wald verträgt?
Noch würden zu viele Rehe die jungen Triebe verbeißen. Deshalb müssten die Tiere reduziert werden. "Der Wald verträgt als Lebensraum nur eine begrenzte Anzahl von Rehen." Doch der Wildverbiss sei ein großes Hindernis für den Waldumbau von Monokulturen in Mischwälder.

Da es keine natürlichen Jagdfeinde wie Bär, Wolf und Luchs in entsprechenden Mengen mehr gebe, müsse der Mensch regulierend eingreifen. Im Oberland verschärfe sich die Situation im Wald neben Borkenkäfern "auch durch Windwurf und Schneebruch", sagt Revierleiter Robert Wiechmann aus Holzkirchen. "Die Preise für Holz als Wirtschaftszweig verfallen."
Als noch schwieriger beschreibt Waldbesitzer Johann Killer aus Wolfratshausen die Lage in der Münchner Schotterebene. Hier habe man wegen der abnehmenden Niederschläge eine "ganz andere Dramatik an Waldverlusten".
Es gibt Widerstand gegen eine Änderung des Jagdgesetzes
Daher ist sich die Runde im Wald einig, dass sie den Entwurf der Bundesministerien für Landwirtschaft und Umwelt zur Änderung des Jagdgesetzes in weiten Teilen ablehnt. Ein Entwurf aus dem Hause von Julia Klöckner (CDU) sieht unter anderem vor, dass es künftig nicht mehr in allen Fällen eine behördliche Abschussplanung für Rehwild geben soll. Stattdessen sollen Waldbesitzer und Jäger vor Ort sich auf einen jährlichen Mindestabschuss im Jagdpachtvertrag einigen und ihn von den Behörden genehmigen lassen. Klappt das nicht oder ist das Abschuss-Ziel zu gering, legt die Jagdbehörde eine Mindest-Abschussquote fest.
Zudem soll das Gesetz festschreiben, dass "eine Naturverjüngung des Waldes" ohne Schutzzäune um junge Bäume möglich sein soll. Man wolle laut Klöckner die "Eigenverantwortung vor Ort".
Jagdverband: "Rehwild ist kein Schädling"
Widerstand kommt von Bayerns Forstministerin Michaela Kaniber (CSU). Sie legt Wert darauf, "dass der bayerische Standard nicht geschwächt wird". Es soll bei der behördlichen, flexiblen Abschussplanung bleiben.
Auch der Bayerische Jagdverband (BJV) hält dagegen: "Das Rehwild ist kein Schädling und darf beim Waldumbau nicht auf der Strecke bleiben." Man brauche keine neuen Kampfbegriffe wie einen Mindestabschussplan, so Thomas Schreder vom BJV. Es werde schließlich nicht das Waldgesetz novelliert, sondern das Jagdgesetz. "Da muss auch den Wildtieren ein hoher Stellenwert eingeräumt werden."
Im Jagdgesetz müssten der Tierschutz, waidgerechte Ausübung der Jagd und die Aspekte des Naturschutzes verankert sein. "Natur ist nicht teilbar, Wald und Wild gehören zusammen."