Regen und Schneeschmelze: Hochwasserangst in Bayern

Weilheim/München (dpa/lby) - Heftige Regenfälle haben in Bayern Flüsse und Bäche anschwellen lassen. Mancherorts waren am Dienstag Straßen unpassierbar, Züge fielen aus, Keller liefen voll. Der Deutsche Wetterdienst warnte vor allem in Alpennähe vor weiteren Niederschlägen. Hinzu kommt das Schmelzwasser, denn in den höheren Lagen der Berge liegt noch immer Schnee.
Am Alpenrand fielen örtlich binnen zwei Tagen mehr als 180 Liter Regen pro Quadratmeter - etwa so viel wie normalerweise in einem Monat. "Die Mengen sind schon extrem", sagte Paul Brüser vom Deutschen Wetterdienst. "Und es kommt noch ein bisschen was dazu."
Für die Landkreise Kelheim, Landshut, Bad Tölz-Wolfratshausen, Oberallgäu, Kempten, Günzburg, Weilheim-Schongau, Rosenheim und Garmisch-Partenkirchen gaben die Wasserwirtschaftsämter am Dienstag Warnungen vor Überschwemmungen bebauter Gebiete heraus. "Die Behörden arbeiten eng zusammen, um drohende Hochwasserlagen rechtzeitig zu erkennen", sagte Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler). Er verwies auf das Hochwasserschutz-Aktionsprogramm, im Zuge dessen in den vergangenen Jahren zahlreiche Deiche und Schutzmauern saniert sowie neu errichtet wurden. "Im Ernstfall zählt jeder Zentimeter."
Die zweithöchste Hochwassermeldestufe drei herrschte am Dienstagnachmittag stellenweise an der Günz und der Iller in Schwaben sowie an der Ammer und an der Loisach in Oberbayern. Gebietsweise entspannte sich die Lage bereits. Etwa in Mittel- und Unterfranken waren die Scheitelpunkte teils erreicht und die Wasserstände sanken. "In Südbayern und an der Donau steigen die Pegelstände noch verbreitet", sagte Joachim Stoermer von der Hochwassernachrichtenzentale. Eine Meldestufe vier werde nach neuen Prognosen aber nicht mehr erwartet.
Mehrfach musste die Feuerwehr ausrücken. In mehreren Gemeinden liefen Keller voll, ein andermal war ein Baum umgestürzt - oder eine Fahrbahn verschmutzt. Am Deiniger Weiher bei Straßlach-Dingharting (Landkreis München) stauten sich die Fluten an einer Spundwand, das Wasser bedrohte eine Gaststätte. Die Berufsfeuerwehr München rückte mit einer Hochleistungspumpe an, zudem kam eine Pumpe des ABC-Zugs München-Land zum Einsatz. Beide Pumpen zusammen schafften 65 000 Liter pro Minute. "Sonst würden die Pegel noch weiter steigen", sagte eine Sprecherin des Landratsamtes. Zeitweise waren nach neuen Angaben 100 Helfer an dem Einsatz beteiligt.
In manchen Gemeinden wurden vorsorglich Krisenstäbe eingerichtet, etwa in Peißenberg. Dort ging man beim Befüllen von Sandsäcken einen neuen Weg: Von einem Lastwagen mit Sand konnten sich die Menschen erstmals selbst Sandsäcke abfüllen, um ihre Häuser zu schützen. "Wir machen das zum ersten Mal. Das Hochwasser vor drei Jahren hat gezeigt, dass es sinnvoll ist, wenn die Bevölkerung sich rechtzeitig mit Sandsäcken versorgen kann", sagte Andreas Fischer vom Ordnungsamt Peißenberg. "Gott sei Dank ist bisher nichts passiert." Vereinzelt habe der steigende Grundwasserspiegel Keller volllaufen lassen.
Auf einigen Bahnstrecken fielen zeitweise Züge aus oder kamen verspätet. Auf den Strecken zwischen Garmisch-Partenkirchen und Murnau sowie Kempten, Immenstadt und Oberstdorf wurden Gleise unterspült. Zwischen Erding und Markt Schwaben stürzte ein Baum in die Oberleitung. Auf der Strecke Immenstadt-Lindau kollidierte ein Zug mit einem umgestürzten Baum.
Bei Murnau im Landkreis Garmisch-Partenkirchen waren einige Straßen überflutet, ebenso in den Landkreisen Traunstein, Weilheim-Schongau und Berchtesgadener Land. Auch bei Kempten und Kaufbeuren drohten Straßensperrungen.
Der Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd, Stefan Sonntag appellierte an die Autofahrer, vorsichtig zu fahren. Ein Autofahrer sei an einer überfluteten Fahrbahn hängengeblieben - sein Wagen habe einen Motorschaden gehabt. Im Landkreis Rhön-Grabfeld stießen zwei Autos zusammen, da sie wegen des Regens die Fahrbahnmarkierungen nicht sahen. Auf den Autobahnen A7 und A71 verloren Fahrer wegen Aquaplanings die Kontrolle, es gab ein halbes Dutzend Unfälle. Auch auf der A3 am Bayerischen Untermain krachte es bei Starkregen mehrfach. An der A8 bei Weyarn riss eine Windböe einen Baum um, der auf einen Lastwagen fiel. Der Fahrer wurde leicht verletzt.