Regen, Kälte, Hochwasser: Ein Jahr ohne Frühling
Dafür wartet 2013 zum meteorologischen Sommeranfang mit Überschwemmungen und einem weiteren Regenwochenende auf. Wer von dem Sauwetter profitiert, wer darunter leidet
München - Auch wenn es kaum zu glauben ist: An diesem Samstag ist meteorologischer Sommeranfang. Kein Grund zur voreiligen Hoffnung – in der Wettervorhersage fürs Wochenende ist wieder nur von Dauerregen die Rede. Die AZ nutzt den Anlass für eine Zwischenbilanz: Wer leidet besonders darunter, dass der Frühling ausgefallen ist? Und wem nutzt das Sauwetter?
Die Leidtragenden
Die Abende, an denen heuer ein Biergartenbesuch möglich war, lassen sich an einer Hand abzählen. Conrad Mayer vom Hotel- und Gaststättenverband in München sagt: „Für die Außengastronomie ist das eine mittlere Katastrophe. Das lässt sich kaum mehr aufholen.“ Wenn es so weitergehe, werde auch die Hotellerie Einbußen haben, weil Touristen kurzfristige Städtereisen abblasen.
Bei den Landwirten wächst die Besorgnis. Die Kälte macht dem Spargel schwer zu schaffen, die Bauern beklagen Einbußen bis zu 70 Prozent. Hopfen- und Futtermittelbauern sehen ihre Ernte bedroht, weil sie die nassen Äcker nicht befahren können. Probleme haben auch die Gemüsebauern, die Salat, Radieschen und Brokkoli nicht säen können. Das Gemüse wird in ein paar Wochen in den Läden fehlen. In Franken hat der Dauerregen schon Teile der Gemüseernte zerstört. Etwa ein Fünftel der Pflanzen auf den Feldern im Gemüseanbaugebiet Knoblauchsland bei Nürnberg sei „ersoffen“, heißt es dort.
Theoretisch wäre jetzt auch Freibad-Saison. Praktisch reizt ein Sprung ins Nass derzeit aber kaum jemanden. Das dokumentieren die Zahlen der Stadtwerke München: Im Vergleich zum Vorjahr gab es 70 Prozent weniger Besucher.
Auch der Einzelhandel ist nicht zufrieden. Bernd Ohlmann vom Handelsverband Bayern sagt: „Bei dem Regen und den kalten Temperaturen macht selbst das Shoppen den Leuten keinen Spaß.“ Besonders betroffen: der Textileinzelhandel. „Keiner hat Lust, sich mit Frühlings- und Sommermode zu beschäftigen.“
Die Profiteure
Manche Menschen sehen nur noch eine Lösung: fliehen. Das freut die Reiseveranstalter. Eine Tui-Sprecherin sagt: „Das schlechte Wetter treibt die Deutschen in die Urlaubsflieger. Wir sind mit dem aktuellen Geschäft sehr zufrieden.“ Kurzfristig gebuchte Reisen stehen hoch im Kurs. „Allein in den letzten zwei Wochen wurden 30 Prozent mehr Pauschalreisen als im vergangenen Jahr gebucht“, heißt es beim Anbieter L'Tur.
Den Daheimgeblieben bleibt eigentlich nur ein Besuch im Schwimmbad, der Sauna oder in Museen. SWM-Sprecher Michael Solic sagt: „Die Leute suchen bei uns die Wärme.“ Davon zeugen ein Plus von 14 Prozent bei den Hallenbad- und ein Plus von 21 Prozent bei den Sauna-Besuchern.
HOCHWASSER
In Teilen Bayerns gibt es Überschwemmungen. Vor allem in Oberfranken verschärfte sich die Lage. An der A73 zwischen Forchheim und Coburg war die Fahrbahn überflutet. Keller liefen voll, im Kreis Lichtenfels mussten einige Menschen zeitweise ihre Häuser verlassen. Die Main-Schifffahrt ist wegen der hohen Pegel nur eingeschränkt möglich. In Würzburg wurde sie am Freitagmorgen eingestellt. Apropos Würzburg: Das dortige „Africa Festival“ musste wegen der Hochwasserlage alle Abendkonzerte nach drinnen verlegen. Weiterer Regen und Überschwemmungen könnten auch das Trinkwasser im Freistaat verschmutzen. Doch ein Ende der Misere scheint in Sicht: In der nächsten Woche soll es endlich wärmer und trockener werden.
Glückshormone? Fehlanzeige!
Viele Menschen sind wegen des Sauwetters weniger gut gelaunt als sonst. Der Körper schüttet dann weniger Glückshormone aus, die Stimmung geht noch weiter in den Keller. Laut Ulrich Fegeler vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte steigt auch die Zahl der Infekte durch den häufigen Wechsel von warmen und kühleren Temperaturen.
Ansonsten wirke sich das Wetter nicht nachhaltig negativ auf die Gesundheit aus. Eltern müssten keine Sorge haben, dass ihr Nachwuchs mangels Sonne Wachstumsstörungen davon trägt. Denn fast jedes Kind bekomme für wenigstens ein Jahr, längstens bis zum zweiten Geburtstag, vorbeugend das Wachstumsvitamin D verabreicht. Das reiche, um den Sonnenmangel unbeschadet zu überstehen. Vitamin D ist wichtig für die Stabilität der Knochen. Es gelangt nicht allein durch Nahrung in den Körper, natürliche Lebensmittel enthalten es nur in geringen Dosen. Vielmehr braucht der Körper die UV-B-Strahlen der Sonne, um es auszuschütten.