Razzia bei Frankens schlimmstem Neonazi

"Wehrsport-Hoffmann": Die Polizei durchsuchte sein Schloss in Ermreuth – es ging um Sprengstoff. Den Erkenntnissen der Behörden zufolge ist der 72-jährige noch immer mit braunen Aktivisten verbunden
NÜRNBERG Lange war es still um Karl-Heinz Hoffmann (72), der Galionsfigur der rechtsextremistischen Szene. Nicht ganz freiwillig meldete sich der ergraute Neonazi jetzt in der Öffentlichkeit zurück. Sein Schloss in Ermreuth (bei Neunkirchen am Brand im Kreis Forchheim), das in den 70er Jahren als seine Kommandozentrale fungierte, wurde von der Polizei durchsucht!
Die Staatsanwaltschaft in Gera koordinierte die Razzia, die sich auf 16 Objekte in Bayern, Thüringen und Sachsen erstreckte. Aufgrund abgehörter Telefonate bestand der Verdacht, dass Neonazis große Mengen des brisanten Plastiksprengstoffs C4 im thüringischen Jena deponiert hatten.
Hoffmann, der 1973 die berüchtigte „Wehrsportgruppe Hoffmann“ (WSG) gegründet hatte, ist den Erkenntnissen der Behörden zufolge noch immer eng mit neonazistischen Gruppierungen verknüpft. Unmittelbar vor der Durchsuchungsaktion soll der frühere WSG-Chef auch an einem Kameradschaftstreffen in Sachsen teilgenommen haben. An der Zusammenkunft waren offensichtlich auch jene Neonazis dabei, die den Sprengstoff besorgt haben sollen.
Zum Ergebnis der Durchsuchungen wollte sich die Staatsanwaltschaft Gera nicht im Detail äußern. Dem Vernehmen nach sollen aber weder im Schloss Ermreuth, noch in einem der 15 anderen Objekte Spuren von Sprengstoff gefunden worden sein. Dagegen stießen die Ermittler auf neonazistisches Propagandamaterial. Es wurde ebenso beschlagnahmt wie mehrere Computer und Mobiltelefone.
"Ich züchte jetzt Hängebauchschweine unter ökologischen Bedingungen"
Hoffmann, der 1984 vom Landgericht Nürnberg zu einer knapp zehnjährigen Freiheitsstrafe wegen Geldfälschung, Freiheitsberaubung, gefährlicher Körperverletzung und Verstößen gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz verurteilt worden war, gab sich geläutert. Zur AZ sagte er noch im vergangenen Jahr: „Aus der Politik halte ich mich raus. Ich züchte jetzt Hängebauchschweine unter ökologischen Bedingungen.“ Das geschieht auf einem ehemaligen Rittergut im westsächsischen Kohren-Salis, das er 2004 erwarb – und mit staatlichen Fördermitteln sanierte. Um die finanzielle Unterstützung zu erhalten, gründete der langjährige Extremisten-Chef eigens eine „Kulturstiftung“.
Karl-Heinz Hoffmann geriet immer wieder in den Verdacht, in beispiellose Verbrechen verwickelt zu sein. Doch den Behörden gelang es nie, ihn juristisch dafür verantwortlich zu machen.
Besonders knapp wurde es für den bärtigen Neonazi nach dem Mord am ehemaligen Vorsitzenden der Israelitischen Kultusgemeinde Nürnberg, Shlomo Levin, und dessen Lebensgefährtin Frieda Poeschke im Dezember 1980. Das Paar wurde in seiner Erlanger Wohnung durch jeweils vier Schüsse aus einer Maschinenpistole ermordet. Als Todesschütze wurde Uwe Behrendt ermittelt, der damals Hoffmanns „rechte Hand“ war und später im Libanon Selbstmord verübte. Obwohl die Mordwaffe aus dem Besitz Hoffmanns stammte und neben den Leichen eine Brille von dessen Frau lag, konnte ihm eine direkte Verwicklung in das Verbrechen nicht nachgewiesen werden.
Auch das wenige Monate zuvor verübte Oktoberfest-Attentat (13 Tote, 120 Verletzte) führte zur Wehrsportgruppe Hoffmann. Gundolf Köhler, ein Mitglied des Extremisten-Clubs, hatte die Bombe gezündet. Die höchst umstrittene Einschätzung der Behörden: Köhler war Alleintäter und handelte ohne Auftrag.
Helmut Reister