Raus aus der Krise: BayWa will radikal Jobs kürzen

München - Die BayWa soll einer Radikalkur einschließlich Jobabbau unterzogen werden. Nun wird nach einem Verantwortlichen für das Debakel gesucht
"Gott mit dir, du Land der BayWa", spotteten die Biermösl Blosn vor mehr als 40 Jahren und hoben mit dieser Verballhornung der Bayern-Hymne die prägende Rolle des Agrarhändlers für den Freistaat hervor. Gott mag seither durchaus mit Bayern gewesen sein, aber nicht mit der BayWa. Im vergangenen Sommer schrammte das inzwischen zum weltweit aktiven Konzern herangewachsene Unternehmen nur knapp an der Insolvenz vorbei.
Stellen werden vor allem in München gestrichen
Seit dem Bekanntwerden der Schieflage wurde spekuliert, wie es mit der aus der Genossenschaftsbewegung hervorgegangenen AG weitergehen könnte. Der an Bord geholte Sanierungsvorstand Michael Baur verkündete den Plan für die nächsten drei Jahre, der noch radikaler ausfällt, als befürchtet worden war.
So werden 1300 Stellen gestrichen, was nach Schätzungen der Gewerkschaft letztlich 1500 Arbeitnehmer trifft. Die meisten Jobs sollen in der Konzernzentrale, einem markanten Hochhaus in Bogenhausen, entfallen. Das Unternehmen soll auf dem Heimatmarkt flächendeckend vertreten werden. Von 400 Standorten sollen bis auf 26 alle erhalten bleiben.
Gewerkschaft kritisiert "Größenwahn" des Managements
Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi protestierte umgehend gegen den "Kahlschlag", mit dem die Belegschaft "für den Größenwahn" des Managements zahlen soll.
Die Arbeitnehmer seien nicht die einzigen, welche die "Zeche" für die BayWa-Krise zahlen müssten, bemerkt der Vorstandsvorsitzende der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) Daniel Bauer. Auch die Aktionäre würden mit Dividendenverzicht und Kursverfällen zur Kasse gebeten.

BayWa will Schuldenberg auf eine Milliarde reduzieren
Eine Kapitalerhöhung durch Ausgabe frischer Aktien im Volumen von 150 Millionen Euro wurde bereits für 2025 angekündigt. So müssten auch die Kleinaktionäre weiteres Geld einschießen oder eine "Verwässerung" ihrer Papiere hinnehmen.
Durch den Verkauf von Tochtergesellschaften soll sich nach einem Sanierungsgutachten der Schuldenberg von derzeit fast fünf Milliarden Euro bis Ende 2027 auf eine Milliarde reduzieren und so die jährlichen Zinszahlungen von derzeit 400 Millionen Euro auf ein Viertel reduzieren.
Erwartet worden war, dass die Tochtergesellschaft "BayWa r.e." abgestoßen werden soll, die sich mit Erneuerbaren Energien befasst und stark unter dem Preisverfall für Solarmodule leidet. Aber auch der Getreidehändler Cefetra in den Niederlanden und die Beteiligung am neuseeländischen Obstproduzenten T&G wird aufgegeben.
Die 50-prozentige Beteiligung am österreichischen Agrarhändler RWA soll abgegeben werden. Im Grunde werde der größte Teil der Expansion wieder rückabgewickelt, heißt es aus Wirtschaftskreisen.
Manager und Banken mit an Krise schuld
Der Umsatz soll von 23 Milliarden Euro im Jahr 2023 auf nur noch acht Milliarden Euro schrumpfen, das operative Ergebnis aber um die Hälfte auf 300 Millionen Euro klettern.
In solchen Fällen stellt sich stets die Schuldfrage. Als Verantwortlicher kommt zum Beispiel der frühere Konzernchef Klaus Josef Lutz in Frage, der die weltweite Expansion der BayWa vor allem mit Krediten finanziert hatte, die nach der Zinswende zu teuer wurden. Lutz, heute Präsident der Handelskammer für München und Oberbayern, hat bereits seinen Nachfolger Marcus Pöllinger verantwortlich gemacht, der das Unternehmen wieder verlassen hat.
Verdi-Gewerkschafter Thomas Gürlebeck hat zudem "die Banken" im Visier, die sich an der Sanierung nicht beteiligten. Schließlich rückt auch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PWC ins Scheinwerferlicht der Kritik. Sie hatte der BayWa für das Jahr 2023 noch im März dieses Jahres ein uneingeschränktes Testat ausgestellt, wobei sich die Frage aufdrängt, ob man die Schieflage nicht hätte erkennen müssen.