Raubtierasyl: Der Gnadenhof für exotische Tiere

Die fränkische Einrichtung ist deutschlandweit einmalig: Im Ansbacher „Exotenasyl“ werden Tiger, Luchse, Füchse und Affen versorgt, die Polizei oder Zoll beschlagnahmt haben.
von  Catherine Simon
Im Raubtierasyl in Ansbach werden Tiere versorgt, die von der Polizei oder dem Zoll beschlagnahmt wurden.
Im Raubtierasyl in Ansbach werden Tiere versorgt, die von der Polizei oder dem Zoll beschlagnahmt wurden. © dpa

Die fränkische Einrichtung ist deutschlandweit einmalig: Im Ansbacher „Exotenasyl“ werden Tiger, Luchse, Füchse und Affen versorgt, die Polizei oder Zoll beschlagnahmt haben. 

Ansbach - Zärtlich schleckt „Rhani“ Olaf Neuendorf die Finger ab. Doch die 20-Jährige ist nicht gerade eine Schmusekatze, sondern ein 120 Kilo schwerer Tiger. Neuendorf kennt das Tier, seit es wenige Wochen alt war. Er hat es mit der Flasche aufgezogen. Mit einem leise pfeifenden „frrrr“ begrüßt „Rhani“ ihn. Trotzdem geht der 53-Jährige nicht in ihr Gehege, sondern lässt sich durch die Gitter liebkosen.

Vorsicht sei im Umgang mit Raubkatzen das Wichtigste, sagt er. Auch wenn sie so friedlich aussehen wie diese Tiger-Oma, die als Baby ins Land geschmuggelt werden sollte und vom Zoll konfisziert worden war. So nah wie in der Raubkatzen-Auffangstation bei Ansbach in Bayern kommt man einem Tiger wohl in keinem Zoo. Das Tierasyl ist laut Tierschutzbund das einzige in Deutschland. Hier landen Tiger und Pumas von illegalen Händlern und aus Zirkussen.

Auf dem etwa 6000 Quadratmeter großen Gelände mit Tigerhaus und Gehege am Wald leben zur Zeit 22 Tiere – darunter sechs Sibirische Tiger, ein Puma, ein Luchs, zwei Füchse und zwei Affen. Zoos würden zum Beispiel die Tiger nicht aufnehmen, weil sie nicht reinrassig und zur Zucht ungeeignet seien, sagt Olaf Neuendorf. Damit die Tiere in Ansbach keinen Nachwuchs zeugen und so für Platzprobleme sorgen wie im Kopenhagener Zoo, sind alle Tiger-Männchen kastriert. Der dänische Zoo hatte vor einigen Tagen vier Löwen getötet, um Platz für ein neues Zuchttier zu schaffen.

Bei Tierschützern hatte dies für Entsetzen gesorgt. In Ansbach würde es so etwas nicht geben. Ziel ist, den Tieren ein Gnadenbrot zu geben. „Rhani“ ist am Längsten im Exotenasyl, Neuling „Kalaharia“, ein Karakal-Weibchen, erst seit gut einer Woche. Die Katze wurde in einem privaten Garten beschlagnahmt. Polarfüchsin „Finja“ stammt aus einem illegalen Welpentransport. Einmal war sogar ein Gepard hier, den sich ein Münchner zum Angeben gehalten hatte.

Seit Olaf Neuendorf und der Verein „Raubtier- und Exotenasyl“ die Anlage im Jahr 2009 übernahmen, steht die Auffangstation finanziell auf sicheren Beinen. Immer wieder werden die Tierschützer um Hilfe gebeten, wenn Polizei oder Zollfahnder einen illegalen Transport hochgehen lassen, ein Zirkus aufgelöst wird oder jemand ein geschütztes Tier im Garten hält. „Sie können auch jederzeit im Internet einen Tiger oder einen Puma kaufen.

Das kostet 3500 bis 7000 Euro, und kein Händler muss prüfen, ob Sie dazu berechtigt sind“, klagt Olaf Neuendorf. Sogar ein Eisbär wurde ihnen schon angeboten. Doch dafür sei die Anlage einfach nicht ausgelegt. In ganz Europa gebe es nur sehr wenige solcher Auffangstationen, sagt Tierschutzbundsprecher Marius Tünte. „Der Bedarf für Plätze für Großkatzen wie Tiger und Löwen ist enorm, da es kaum geeignete Auffangstationen gibt und Zoos in der Regel ausgediente Zirkus-Tiger oder -löwen nicht aufnehmen.“

Daher habe sogar einmal das Tierheim Rüsselsheim in Hessen zwei Tiger beherbergen müssen. Das Problem gebe es auch bei Elefanten oder Bären. Die Haltung der exotischen Tiere ist kostspielig: Etwa 6000 Euro Ausgaben hat der Verein „Raubtier- und Exotenasyl“ monatlich. Allein 1000 Euro gehen für Futter drauf. Ein Tiger frisst bis zu acht Kilo Fleisch am Tag.

Finanziert wird die Station durch Spenden, Beiträge der 200 Vereinsmitglieder, Tierpatenschaften und einmal im Monat einen Tag der offenen Tür. Das Raubkatzenasyl hat jeden ersten Sonntag im Monat von 13 bis 17Uhr geöffnet.

Weitere Infos: raubkatzenasyl.de

 

 

 

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