Rathaus-Stalker: "Dann zerstöre ich dein Leben"

Der Geiselnehmer und eines seiner Opfer kennen sich seit Jahren. Sebastian Q. wird zum Stalker, er schickt der Frau hunderte SMS, landet in der Psychiatrie und vor Gericht. Das hält ihn nicht auf.  
Thomas Gautier, Julia Lenders |
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SEK-Beamte und ein Krankenwagen stehen vor dem Ingolstädter Rathaus. Darin hatte sich ein psychisch Kranker mit mehreren Geiseln verschanzt.
dpa SEK-Beamte und ein Krankenwagen stehen vor dem Ingolstädter Rathaus. Darin hatte sich ein psychisch Kranker mit mehreren Geiseln verschanzt.

Der Geiselnehmer und eines seiner Opfer kennen sich seit Jahren. Sebastian Q. wird zum Stalker, er schickt der Frau hunderte SMS, landet in der Psychiatrie und vor Gericht. Das hält ihn nicht auf.

Ingolstadt - Am Montag um 10.30 Uhr klingelt Jörg Gragerts Telefon. Der Ingolstädter Rechtsanwalt ist auf einem Termin, und so verpasst er seinen ehemaligen Mandanten Sebastian Q. Der steht zu diesem Zeitpunkt gerade im Alten Rathaus und bedroht drei Menschen mit einer Waffe.

Der Rechtsanwalt hört erst später von der Geiselnahme. Und ist überrascht: „Ich hatte nicht den Eindruck, dass er so gefährlich ist“, sagt er der AZ. Sebastian Q. habe viel erzählt – eine solche Tat hätte ihm Gragert aber nie zugetraut.

Die ist kein Zufall: Sebastian Q. und sein Opfer, die Vorzimmerdame des 3. Bürgermeisters, kennen sich seit langem. Erst war es Freundschaft, dann Hass. Weil Sebastian Q. nicht wahrhaben wollte, dass seine Angebetete ihn nicht liebt, wurde er zum Stalker. Und Geiselnehmer.

Der 24-jährige Arbeiter lernte die 25-Jährige aus dem Kreis Eichstätt vor etwa sieben Jahren kennen – so erzählte er es jedenfalls in einem Gerichtsverfahren vor dem Landgericht Ingolstadt Ende Juli. Er saß da wegen Stalkings, Beleidigungen und Bedrohung, sagt Gragert der AZ.

Sebastian Q. war der Klient ihres Vorgesetzten, schreibt der „Donaukurier“. Sie wurden Freunde, gingen Pizza essen, spazieren, telefonierten. Als die Frau aber eine Beziehung mit einem anderen begann, verbot er ihr das, sagte die Frau vor Gericht.

Als sie im März 2012 den Kontakt abbrechen wollte, rief Sebastian Q. monatelang bei ihr an und schickte ihr bis zu 100 SMS in der Nacht – mit Texten wie: „Ich werde dich niemals in Ruhe lassen.“ Oder: „Also gut, dann zerstöre ich dein Leben, wenn du dich gegen die Freundschaft entscheidest.“

Im August 2012 kam Sebastian Q. nach Haar. Dort und im Bezirksklinikum Straubing verbrachte er laut Gragert elf Monate. Es war nicht das erste Mal, dass Sebastian Q. in Behandlung war. Laut Psychiater war er von seinem Vater sexuell missbraucht worden. Als Jugendlicher landete er immer wieder in Heimen und in psychiatrischen Einrichtungen.

Laut Polizei wohnte Q. in den vergangenen acht Jahren in Ingolstadt. Laut Gragert war er Arbeiter in einer Ingolstädter Firma. Laut Ingolstadts OB Alfred Lehmann stellte er der 25-Jährigen über Monate weiter nach, belästigte aber auch andere Angestellte des Rathauses sexuell. Mehrmals sei deshalb Strafanzeige gegen ihn gestellt worden, so Lehmann.

Vor Gericht Ende Juli attestierte ihm ein Gutachter eine Persönlichkeitsstörung, für eine geschlossene Unterbringung fehlte aber die juristische Basis.

Das Urteil lautete schließlich ein Jahr und acht Monate auf Bewährung. Dabei sagte der Richter zu Sebastian Q.: „Dass Sie die Frau in Ruhe lassen, das ist jetzt das Allerwichtigste.“ Er hat offenbar nicht auf ihn gehört.

 

 

 

 

 

 

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