"Rast im Knast": Gestapo-Gefängnis wird Hotel
Die Zimmer sind eng, die Wände glatt und kahl, die Türen alt und vergittert, die Fenster kleine Scharten. Gerald Stelzer ist sich sicher: Das wird seinen Gästen super gefallen.
AMBERG - Seit zwei Jahren werkelt der 41-jährige Amberger an seinem Traum: Ein ganz spezielles Hotel will er bauen – aus einem Jahrhunderte alten Gefängnis. Und er ist fast fertig: Im Oktober soll das „Hotel Fronfeste“ stehen. Es läuft alles nach Plan. Bis auf die Sache mit der Gestapo.
Seit 1699 steht die Fronfeste in der Altstadt. Die meiste Zeit wurde sie als Gefängnis genutzt: Einst darbte hier das Gesindel, danach haben Scharfrichter 250 Jahre lang die Todesstrafe zwischen den dicken Mauern vollstreckt. Noch bis 1964 war die Fronfeste ein Landgerichtsgefängnis mit bis zu 70 Häftlingen. Seitdem ist es stillgelegt, steht unter Denkmalschutz.
Bis zu 36 Gäste will Stelzer in den Gemäuern aufnehmen, zum Preis von 50 bis 90 Euro mit Frühstück. Im unteren Stockwerk liegen die kleinen Zellen mit elf Quadratmetern, Einzel- oder Stockbetten – oben ehemalige Massenkerker mit 30 Quadratmetern und „echtem Doppelbett“.
Dicke Eichentüren mit seildicken Gittern vermitteln Zuchthaus-Charme. „Wer will, kann sich sein Frühstück über die Türklappe bringen lassen“, sagt Stelzer. Es soll aber auch einen Frühstücksraum geben – die Speisen liegen dann im Apothekerschrank zur Abholung bereit.
Guter Preis, originelles Konzept – das soll Gäste in die Feste locken. „Wir planen mit Radlern, die hier vorbeikommen“, sagt Stelzer. „Schließlich liegt Amberg ja am Fünf-Flüsse-Radweg.“ Andere Zielgruppen seien Firmen, die einen Event-Tag hier veranstalten. Das lockere Motto des Hotels: „Rast im Knast“.
Der „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes“ (VVN) ist die neue Nutzung des alten Gefängnisses dagegen gar nicht recht – sie ist vielmehr empört über Gerald Stelzers Plan. „Die Fronfeste diente 1933 bis 1945 als Gefängnis der Gestapo“, schreibt der Verein, der viele ehemalige KZ-Überlebende als Mitglieder hat: „Hier wurden zahlreiche Opfer des Naziregimes eingesperrt.“
Nach der Reichspogromnacht seien hier Juden, Sozialdemokraten und Kommunisten eingesperrt, gefoltert und getötet worden. „Ein Ort des Nazi-Terrors als Erlebnis-Hotel – das ist eine Verhöhnung der Opfer des NS-Regimes“, schreibt Landes-Geschäftsführer Guido Hoyzer. Die Planungen für das Hotel müssten deshalb sofort eingestellt werden.
Stelzer verteidigt sich: Ein Hotel sei die einzige denkbare Nutzung für die alten Gemäuer. „Für Wohnungen, Büros oder ein Altersheim sind die Räume zu eng, und man darf ja nichts abreißen.“
Außerdem sei die Fronfeste seit 300 Jahren ein Gefängnis. Dass auch die Gestapo sie mal nutzte, könne er nicht ändern. „Wir werden aber einen Dokumentationsraum zur Geschichte der Feste im Hotel eröffnen“, sagt Stelzer – den Ort dafür hat er auch schon gefunden: Es ist die ehemalige Todeszelle.
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