Rassismus wird nur gedacht

Es geht um Antifa-Plakate und einen Toten, Nazisuppe und Pauschalfeindbilder. In Nürnberg hat "Der deutsche Mittagstisch" Premiere. Bernhard-Tiraden mit Lisa Fitz leibhaftig.
von  Abendzeitung
Eine Döner-Madonna hetzt gegen Türken: Lisa Fitz in Thomas Bernhards Polemiks Der deutsche Mittagstisch , die in Nürnberg Premiere hat.
Eine Döner-Madonna hetzt gegen Türken: Lisa Fitz in Thomas Bernhards Polemiks Der deutsche Mittagstisch , die in Nürnberg Premiere hat. © az

Es geht um Antifa-Plakate und einen Toten, Nazisuppe und Pauschalfeindbilder. In Nürnberg hat "Der deutsche Mittagstisch" Premiere. Bernhard-Tiraden mit Lisa Fitz leibhaftig.

Als sie diese Passage aus dem "prophetischen Kasperltheater" von Thomas Bernhard las, dachte Birgitta Linde "als erstes" an Lisa Fitz. Schließlich schwebte der Frankfurter Regisseurin für die Szene, in der eine von der Maiandacht beseelte Frau in übelster Polemik über Ausländer herzieht, eine "süddeutsche Kabarettistin" vor. Lisa Fitz, mittelschwer "Dschungelcamp" -geschädigt, war angetan von der Idee, sollte ursprünglich nur per Videoeinspielung auftauchen, ist aber nun Live-Bestandteil der Co-Produktion "Der deutsche Mittagstisch", die nach der Frankfurter Premiere am Mousonturm vom Gostner Hoftheater im Hubertussaal eingerichtet wird (Premiere: 6. Februar).

"Eine Mischung aus Chorkonzert, Kabarett und Theater formte Birgitta Linde, die man von Tafelhallen-Gastspielen kennt (etwa "Rosa Melone Schnitt Freude" mit Blixa Bargeld oder "Kanak Sprak"), aus den polemischen Dramoletten, die sie für heutige Bedürfnisse geändert und montiert hat. Denn das Problem der Altnazis und ein Rassismus, den Thomas Bernhard "absolut überspitzt und schrecklich" geißelt, spielten heute "bei uns keine Rolle" mehr: "Er führt den hässlichen Deutschen vor, das will ich gar nicht mehr machen. Die Realität ist heute viel brutaler und der Rassismus viel stärker. Das wird nicht mehr gesagt, aber immer noch gedacht."

Deshalb hat die Regisseurin "bewusst" alle Rollen mit Schauspielerinnen besetzt, um die rechte Gewaltbereitschaft von Frauen zu unterstreichen. Um Antifa-Plakate und einen Toten, "Nazisuppe" und Pauschalfeindbilder geht es in dem Abend, der keinesfalls "konventionell" sein will. "Bernhard vom Blatt herunterzuspielen, hätte uns auch nicht interessiert", sagt Gisela Hoffmann vom "Gostner".

Die Fitz als Madonnenfigur

In Frankfurt sorgt ein türkischer Chor für paradoxe Stimmung. In Nürnberg besetzt der Chor der Dreieinigkeitskirche mit Löffeln und Servietten die Plätze und beschallt die Türken-Hasstiraden mit "Meerstern, ich dich grüße". Lisa Fitz taucht dazu nach dem Rosenkranz, übrigens eine Kirchenerfindung aus den Türkenkriegen, als "historische Madonnenfigur" auf. Linde: "Das hat natürlich eine Wahnsinnswirkung." daer

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