Psycho-Droge überschwemmt Nürnberg: Jeder kann sie kaufen

„Spice“ gilt offiziell als Räucherwerk, wird aber meistens als Rauschmittel benutzt. Die Drogenhilfe "Mudra" hat schon die ersten Konsumenten in Beratung. Die Langzeitfolgen sind völlig unbekannt.
von  Abendzeitung

„Spice“ gilt offiziell als Räucherwerk, wird aber meistens als Rauschmittel benutzt. Die Drogenhilfe "Mudra" hat schon die ersten Konsumenten in Beratung. Die Langzeitfolgen sind völlig unbekannt.

NÜRNBERG Die Zahlen sind alarmierend: 14 Menschen sind heuer allein in Nürnberg bereits an einer Überdosis Drogen gestorben. Jetzt überschwemmt auch noch eine neue Mode-Droge die Stadt. Und die ist frei verkäuflich! Ihr harmloser Name: „Spice“ (engl. für Gewürz). Eine Kräutermischung, die offiziell ein „Räucherwerk“ sein soll – erhältlich ab 15 Euro.

In „Spice“ enthalten sind so klangvolle Zutaten wie Blaue Lotusblume, Maconha Brava (auch genannt falsches Marihuana) oder das Kraut Sibirischer Löwenschwanz. Und sieht man sich in einschlägigen Internet-Foren um, ist schnell klar: Wer „Spice“ kauft, zündet es kaum für ein besseres Raumklima an. Sondern raucht es – und erzielt damit einen ähnlichen Effekt wie beim Marihuana Rauchen. So schreibt z. B. „sepp!!“ auf „kifferforum.com“: „Es gibt was neues auf dem Markt - so was habt ihr noch nicht gesehen. Es kommt locker an gutes Gras ran, und man kann es legal kaufen.“

In England wird Spice bereits in Joints gerollt

Während „Spice“ in England in bereits fertig gerollten Joints erhältlich ist, verkauft es Joachim Bevendorf, Inhaber vom Hempshop „Holzkopf“ in der Albrecht-Dürer-Straße, ausdrücklich als „Räucherwerk“: „So ist es gekennzeichnet“, betont er und weist auf den Warnhinweis auf der Packung hin: „,Nicht zum Verzehr geeignet’, steht da.“ Er bekennt: „Die Nachfrage ist sehr groß. Fast täglich rufen Leute deswegen an.“

Experte Klaus Thieme von der Drogenhilfe „Mudra“ kennt „Spice“ bereits. „Wir haben einige Konsumenten in der Beratung.“ Er warnt: „Spice, Räucherwerk, das klingt harmlos und nach Öko. Doch wie diese Kräuter angebaut werden, welche Mischungen tatsächlich vorliegen, und welche Langzeitfolgen das Rauchen dieser Substanzen mit sich bringt, ist noch völlig unbekannt.“

Und doch ist „Spice“ frei verkäuflich – weil keiner der einzelnen Inhaltsstoffe unter das Betäubungsmittelgesetz fällt. „Sogar in Mutters Vorgarten wachsen Pflanzen, die einen Rausch verursachen“, erklärt Thieme. Auch Polizeisprecher Rainer Seebauer räumt ein: „Was nicht im Betäubungsmittelgesetz verankert ist, ist eben legal. ,Spice’ war uns bislang jedenfalls kein Begriff.“

Kiffen gilt als Kavaliersdelikt

Bei vielen gilt Kiffen als Kavaliersdelikt. „Prima“, denken sich da jetzt viele, mit Spice wird’s sogar erlaubt. Doch vom bedenkenlosen Konsum der Psycho-Droge raten die von uns befragten Experten eindringlich ab. Auch in der Szene gibt’s schon Zweifel. So schreibt „kleinerkiffer84“ auf salvia-community.net: „Man munkelt, dass die Wirkung von Spice von einer unbekannten chemischen Droge ausgelöst wird. Ist so ein Gerücht...“

Kathrin Esberger

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