Prügel-Student in die Psychiatrie

Passau – Er will nicht einmal sagen, wer er ist. Die Richterin beißt sich an ihm die Zähne aus. Er sitzt auf der Anklagebank, regungslos mit gesenktem Blick und stellt sich zu allen Fragen taub. Dabei geht es um eine harte Strafe: Sicherungsverwahrung wegen Gemeingefährlichkeit, geschlossene Psychiatrie.
Manfred N. ist angeklagt wegen vorsätzlicher Körperverletzung. Der 24-jährige Ex-Jurastudent hat einem Professor bei einem Vortrag mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Im Verhör sagte er, er habe sich eine hochrangige Person wahllos als Ziel ausgesucht, um auf die „Unterdrückung durch die Eliten“ aufmerksam zu machen.
Vor dem Landgericht Passau sagt er am Dienstag: nichts. „Ob er hier aus Protesthaltung schweigt, im Wahn oder aus Depression, vermag ich nicht zu sagen“, sagt der Gutachter, der ihm die ganze Zeit im Prozess gegenübersitzt. Der Nervenarzt aus einer Klinik in Mainkofen hat dem 24-Jährigen zuletzt eine Schizophrenie diagnostiziert.
Manfred N. aus Dinkelsbühl ist bereits mehrmals auffällig geworden. Eine Studentin, die er über drei Jahre mit Briefen bedrängt hat, ist gegen ihn wegen Stalkings vorgegangen. Manfred N. ließ sie in Ruhe. Dann im Februar 2011: Thomas Fischer, Richter am Bundesgerichtshof (BGH), hält an der Universität Passau einen Vortrag über Urteile zu Sterbehilfe und Untersuchungen an Ungeborenen. Etwa 300 Studierende hören zu.
Plötzlich geht der Jurastudent N. wortlos zum Rednerpult und schlägt zu. Er trifft Fischer mit der Faust am Ohr, danach drischt er auf seine Brust ein. Dann können ihn drei Assistenten des Professors überwältigen und der Polizei übergeben. Manfred N. kommt für zwei Monate in geschlossene psychiatrische Behandlung. Nach einem Fluchtversuch verlängert sich sein Aufenthalt. Die Ärzte geben ihm Medikamente und entlassen ihn schließlich wieder.
Mai 2012: Manfred N. bestellt Lebensmittel mit der Post. Er versteckt sich zu dieser Zeit in seiner Wohnung und ernährt sich von trockenen Nudeln. Weil ihm die Lieferung zu lange dauert, meldet er sich bei der Post und droht: Wenn das Paket nicht bald komme, müssten alle Verantwortlichen sterben.
Kurz darauf attackiert er in seiner Passauer Wohnung eine Gerichtsvollzieherin, die ihn mit einem Haftbefehl konfrontiert. Wieder muss er zur Behandlung in die Psychiatrie, bis zum August 2012. Seither arbeitet er in seiner Heimat bei seiner Oma auf 400-Euro-Basis und wird dort von einem Arzt betreut. Seine Mutter will ihn wegen einer Depression behandeln lassen.
Während seiner Aufenthalte in Mainkofen sagte Manfred N. einmal: „Ich bin ein Mensch, der eigentlich gegen Gewalt ist, aber die staatlichen Verbrechen sind so schlimm, dass ich ein Zeichen setzen muss.“
Selbst der Staatsanwalt hat Mitleid mit N.: „Ein bedauernswerter Kerl“. Sein Pflichtverteidiger formuliert es so: „Wenn ein Mensch mit Blinddarmschmerzen auf der Straße zusammenbricht, eilen ihm alle zu Hilfe. Wenn einer durchdreht, weil die Seele krank ist, geht ihm jeder aus den Weg und er wird abgeschoben.“
Das Gericht ordnet die Unterbringung in einer Psychiatrie an. Er sei zwar schuldunfähig – aber „für die Allgemeinheit gefährlich“. Als das Urteil gegen ihn fällt, weigert sich N. aufzustehen.