Prügel für die Chor-Knaben
"Massive Grenzüber- schreitungen": Beim Windsbacher Knabenchor regierten lange Zeit Peitsche und Rohrstock – vor 10 Jahren kam es auch zu sexuellen Übergriffen
WINDSBACH Mit Rohrstock und Peitsche! Auch beim renommierten Windsbacher Knabenchor sind in früheren Jahrzehnten Schüler geschlagen und misshandelt worden. „Wir bedauern dies zutiefst, entschuldigen uns und bitten um Vergebung“, sagte der Internatsleiter, Pfarrer Thomas Miederer in Windsbach (Kreis Ansbach). Die mittlerweile bekannten Vorfälle bei dem evangelischen Elite-Chor spielten sich von den 1950er bis Ende der 1970er Jahre ab.
Der frühere Direktor hat Chor-Knaben hinter verschlossener Türe mit Peitsche und Rohrstock geprügelt. Auch der vor drei Jahren gestorbene Gründer und langjährige Leiter des Chores, Hans Thamm, hat häufig Ohrfeigen verteilt, Schüler gedemütigt und bloßgestellt.
„Es gab massive Grenzüberschreitungen“, so Miederer. Allen Fällen werde nachgegangen. Was noch nicht verjährt sei, werde sofort der Staatsanwaltschaft übergeben. „Wir wollen den Betroffenen Gehör verschaffen und ein Stück Versöhnung erreichen.“ Miederer äußerte zugleich Sorge um das Image und die Zukunft des weltbekannten Chores. Wenn zwei Jahre lang keine jungen Chorsänger nachkämen, „können wir zumachen“.
Die Psychologin Ulrike Winkler von Mohrenfels, die von der Internatsleitung als externe Ansprechpartnerin beauftragt wurde, berichtete von bisher 18 Anrufen von Betroffenen oder deren Angehörigen. Sie beträfen den Zeitraum von 1946 bis 1978. Vier ehemalige Windsbacher erklärten dabei, sie selbst hätten psychische und körperliche Gewalt erfahren. Auch andere berichteten von Ohrfeigen und Herumgebrülle, wieder andere sprachen dagegen von der schönsten Zeit ihres Lebens bei den Windsbachern. „Die Zeit wurde sehr unterschiedlich erlebt“, sagte von Mohrenfels. Gelitten hätten besonders die sensiblen und die eher aufsässigen Schüler. Miederer ergänzte, ehemalige Windsbacher hätten auch von Misshandlungen jüngerer Schüler durch die Älteren berichtet. Der Internatsleiter räumte auch zwei Fälle von sexuellem Missbrauch bei den Windsbachern ein: In den 50er Jahren verging sich ein Hospitant an Schülern. Er wurde des Hauses verwiesen und später verurteilt. Um 2000/01 gab es Übergriffe eines Praktikanten. Auch er sei sofort suspendiert und zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden. „Neuere Fälle sind nicht gemeldet worden“, sagte die Psychologin
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