Prostituierte: Viel Verunsicherung über neues Schutzgesetz

Eigentlich sollen sich bis Ende des Jahres alle Prostituierten bei den Behörden anmelden. Aber die Behörden sind überfordert, die Frauen verunsichert. Das kann weitreichende Konsequenzen haben.
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Eine Prostituierte steht im Eingangsbereich eines Bordells (Archivbild).
dpa Eine Prostituierte steht im Eingangsbereich eines Bordells (Archivbild).

Eigentlich sollen sich bis Ende des Jahres alle Prostituierte in Bayern bei den Behörden anmelden. Aber die Behörden sind überfordert, die Frauen verunsichert. Das kann weitreichende Konsequenzen haben.

München - Probleme zeichnen sich bei der Umsetzung des Prostituiertenschutzgesetzes in Bayern ab. "Die meisten Prostituierte konnten sich noch gar nicht anmelden", sagt Sandra Ittner von der Nürnberger Beratungsstelle Kassandra. "Das Gesetz kann unmöglich bis zum Ende des Jahres umgesetzt werden". Auch das Sozialministerium räumt "eventuelle Anlaufschwierigkeiten" ein. (Lesen Sie hier die AZ-Reportage: Bordell-Report München)

Das Gesetz ist am 1. Juli 2017 bundesweit in Kraft getreten. Eigentlich sollten sich bis Ende des Jahres alle Prostituierte bei den Behörden angemeldet und beim Gesundheitsamt beraten lassen haben. "Zum Teil erzählen uns die Frauen, dass sie wieder weggeschickt wurden. Zum Teil konnten sie zwar das Beratungsgespräch beim Gesundheitsamt machen, aber sich noch nicht anmelden", sagt Sandra Ittner. Einige Prostituierte seien schon auf Ende März vertröstet worden. "Unser Eindruck ist, dass die Behörden selbst von dem Gesetz überfahren worden sind."

Daten der Prostituierten gehen an Finanzamt und Polizei

Auch viele Prostituierte wissen bis heute nicht, was das Gesetz für sie bedeutet. Die Frauen haben so viele Fragen, dass das Team der Münchner Beratungsstelle Mimikry seit der Einführung des Gesetzes ein Drittel mehr Arbeit hat. "Das Gesetz ist sehr komplex und führt zur Verunsicherung", sagt Michaela Fröhlich, Leiterin von Mimikry. "Wo soll ich mich wie anmelden? Was geschieht mit meinen Daten?" Nach Auskunft des Sozialministeriums gehen die Daten zunächst an das Finanzamt. "Um Anhaltspunkte für Straftaten gewinnen zu können, übermittelt die zuständige Behörde dann der Bayerischen Polizei die Daten", sagt eine Sprecherin des Sozialministeriums. Darüber hinaus würden die Angaben nur zum Schutz vor Zwangsprostitution oder zur "Abwehr einer konkreten Gefahr" weitergegeben.

Viele Prostituierte sind verunsichert

Vielen Prostituierte ist das zu unsicher. "Aus Angst vor einem Zwangsouting tauchen sicher einige ab", sagt Mimikry-Leiterin Fröhlich. "Die Frauen sind dann leider auch für unsere Beratungsangebote nicht mehr erreichbar und von Menschrechtsverletzungen bedroht." Dabei soll das Gesetz die Prostituierte genau davor bewahren. Manche Prostituierte wollen nun im Ausland arbeiten oder überlegen sogar ganz aufzuhören. Das Gesetz bedeutet auch für einige Bordelle und Escort-Services das Aus. "Zum Ende des Jahres schließen die ersten Häuser", sagt Sandra Ittner von der Beratungsstelle Kassandra. Denn die Betreiber brauchen nun eine Erlaubnis der Behörde. "Vor allem Privatpersonen, die ein Zimmer an eine Prostituierte vermieten, sind mit dem Gesetz total überfordert." Die Lizenz koste Geld, das viele nicht hätten. Und die Bürokratie stelle einfach eine zu große Hürde dar.

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