Professor Rainer Drewello: Bamberger Forscher vermessen die Welt

Das gebündelte Wissen sitzt in Bamberg: Seit etwa zwei Jahren sind hier führende Denkmal-Experten am Werk. Gemeinsam mit Studenten der Universität und modernster Technik erforschen sie, wie sich historische Bauten und deren Inhalt erfassen und nachbilden lassen – und haben Aufträge auf der ganzen Welt.
So waren die Experten beispielsweise für ein Forschungsprojekt im "Ehrwürdigen Tempel der Zahnreliquie" im Hochland von Sri Lanka: Die Anlage ist eines der wichtigsten Kulturgüter und die bedeutendste buddhistische Pilgerstätte des Landes, sie gehört zum Unesco-Weltkulturerbe.
Rainer Drewello erfasst historische Tempe digital
Die Bamberger Wissenschaftler haben die historischen Tempel digital erfasst, vermessen und dokumentiert. "Man muss sehr vorsichtig vorgehen und die Denk- und Glaubenstradition vor Ort akzeptieren", sagt Rainer Drewello, Professor für Restaurierungswissenschaft in der Baudenkmalpflege.
Die Forscher gehören zum Kompetenzzentrum Denkmalwissenschaften und Denkmaltechnologien (KDWT) an der Universität Bamberg. Hier können Vertreter ganz unterschiedlicher Disziplinen wissenschaftlich zusammenarbeiten: Geistes-, Ingenieur- und Materialwissenschaftler kooperieren hier über Fachgrenzen hinweg. Theorie und Praxis fänden hier im Zentrum zusammen, sagt der wissenschaftliche Mitarbeiter Thomas Wenderoth.
Nebenan sitzen gerade einige Studenten vor ihren Computern in einem Kurs von Dozent Max Rahrig. Sie haben mit einem Handscanner einige der Figuren im Bamberger Dom erfasst. Nun folgt die Nachbearbeitung für das 3D-Modell, das die Figuren nachbilden soll.
3D-Modelle vom Bamberger Kaisergrab und Wiener Friedrichsgrab
Den Bamberger Wissenschaftlern ist es zu verdanken, dass es mittlerweile nicht nur ein 3D-Modell des Bamberger Kaisergrabs aus dem Dom gibt, sondern auch von der Platte des Friedrichsgrabs im Wiener Stephansdom.
Ein Büro weiter wertet Anna Luib Untersuchungen mit der Wärmebildkamera aus. So konnte man zum Beispiel feststellen, dass das berühmte Brückenrathaus in Bamberg zwar unten massiv gemauert ist, oben aber aus Fachwerk besteht, das äußerlich jedoch nicht zu sehen ist. "Das findet man sonst nicht heraus", sagt Luib. Außer freilich, man zerstöre einen kleinen Teil des Gebäudes. "Die Thermographie ist eine gigantische Fundgrube für uns."
Im Labor arbeitet Martina Pristl an hochauflösenden Mikroskopen. Anhand einer winzigen Mörtelprobe kann sie herausfinden, was drinsteckt und welche Pigmente etwa bei der Bemalung benutzt wurden. Wenn Schwermetall festgestellt wird, bedeutet das eine Herausforderung bei der Sanierung. Denn dann muss die belastete Farbe entfernt werden.
Handwerklicher geht es in der Abteilung von Thomas Essing zu – mit Schleifer und Schraubstock. Hier wird altes Holz untersucht. Essing und sein Team können das Fälljahr des Baumes feststellen und damit Rückschlüsse auf das Alter von Gebäuden ziehen. Oder auch, wie viel in einem Dachstuhl im Lauf der Jahre ausgetauscht wurde. Seit 1993 sind hier bereits mehr als 70 000 Proben von 7000 Gebäuden zusammengekommen – Essings Team arbeitet mit den Landesämtern für Denkmalpflege in Bayern, Thüringen und Sachsen-Anhalt zusammen.
Für einige der Forscher geht es bald wieder nach Sri Lanka, zu weiteren buddhistischen Stätten: Höhlen mit uralten Wandmalereien sollen untersucht werden. Bislang gibt es von dort noch keine Kartierung und auch keine Fotografien.
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