Privatisierung der Nürnberger S-Bahn sorgt für Kritik
Nach der Vergabe der S-Bahn Nürnberg an ein britisches Unternehmen herrscht in Franken große Skepsis. Politiker befürchten, dass der Wettbewerb zulasten der Beschäftigten geht. Fahrgastverbände erhoffen sich dagegen Verbesserungen für die Nutzer.
Nürnberg - Die überraschende Vergabe des Nürnberger S-Bahn-Netzes an eine Privatfirma stößt in der fränkischen Metropole auf Vorbehalte. Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD) sagte am Dienstag, er bedauere die Entscheidung. "Wir sind immer davon ausgegangen, dass wir mit der DB einen bewährten Partner haben", betonte Maly. Ein Bahn-Sprecher teilte mit: "Ein Verlust dieses S-Bahn-Netzes würde für unsere Mitarbeiter in Nürnberg einen herben Schlag bedeuten." Die Vergabe werde nun erst einmal analysiert.
Die Bayerische Eisenbahngesellschaft hatte am Montag mitgeteilt, dass die britische National Express Rail GmbH den Zuschlag für den Betrieb des S-Bahn-Verkehrs im Großraum Nürnberg von Dezember 2018 bis Dezember 2030 erhalten soll. Das Unternehmen ist damit der erste private Betreiber eines größeren S-Bahn-Netzes in Deutschland.
"Ein S-Bahn-Netz aus dem Stand heraus zu betreiben, ist durchaus schwierig", sagte Maly. Die Stadt werde sehr genau beobachten, ob die Betreiberfirma alle Qualitätszusagen auch tatsächlich erfüllen werde.
Die Eisenbahngesellschaft BEG hatte für den Betrieb Qualitätsvorgaben gemacht. Dazu gehören etwa Mindestkapazitäten bei den Sitzplätzen und barrierefreie Toiletten in jedem Wagen. Außerdem werde der künftige Betreiber verpflichtet, Sicherheitspersonal von 21.00 Uhr bis zum Betriebsschluss sowie an den Wochenenden am frühen Morgen einzusetzen.
Der Nürnberger Bundestagsabgeordnete Martin Burkert (SPD) fürchtet, dass der Wettbewerb "auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen" wird - bei Löhnen und Sozialleistungen. Bei dem neuen Betreiberunternehmen bestehe derzeit kein Tarifvertrag. In Nürnberg betroffen seien nach ersten Erkenntnissen 500 bis 700 Beschäftigte. "Für die Betroffenen geht es jetzt auch um Existenzfragen." Für die Deutsche Bahn sei es ein "schwarzer Tag" gewesen, sagte Burkert.
Lukas Iffländer vom Fahrgastverband Pro Bahn sagte, man sei gespannt, wie sich ein neuer Anbieter in einer DB-Hochburg wie Nürnberg schlägt. Durch den Wettbewerb strenge sich die Bahn dann etwa bei den Regionalzügen erfahrungsgemäß mehr an. "Das könnte dazu führen, dass in der Summe der Fahrgast der Gewinner ist", sagte Iffländer. Er sehe die Zeit bis zum Start jedoch als relativ knapp an.
Die fünf Nürnberger S-Bahn-Linien werden pro Jahr von etwa 20 Millionen Fahrgästen genutzt. Neben den Strecken von Nürnberg nach Bamberg, Hartmannshof, Altdorf, Neumarkt, Roth und Ansbach soll die britische Firma auch die geplante S-Bahn-Verlängerung über Ansbach nach Dombühl und den heutigen Allersberg-Express betreiben, die künftige S5.
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