Prinz Ludwig über seine Anrede: "Herr Bayern ist in Ordnung"

München - Ludwig Prinz von Bayern (38) ist der Ururenkel des letzten bayerischen Königs Ludwig III. und hat in der kenianischen Region Turkana die IT-Schule "Learning Lions" aufgebaut. Dafür sammeln er und sein Team an diesem Samstag Spenden mit der Benefiz-Wanderung.
AZ: Königliche Hoheit, am Samstag steht Ihr Löwenmarsch an: Zu Fuß von Schloss Kaltenberg nach Hohenschwangau, 100 Kilometer in 24 Stunden. Sind Sie schon fit?
Ludwig Prinz von Bayern: Ob ich fit genug bin, weiß ich nicht. Letztes Jahr war ich fitter. Dieses Jahr kann es auch sein, dass ich irgendwo auf der Strecke bleibe. Ich hoffe, dass das Wetter gut hält und mich dann die Motivation die letzten paar Kilometer trägt.
Haben Sie im Vorfeld trainiert oder war im Corona-Lockdown keine Zeit?
Ich war fast die ganze Corona-Krise über in Kenia. Dort sind lange Wanderungen im Sand etwas schwierig und zudem ist es heiß - das war also nicht das optimale Trainingsumfeld.
Mit dem Löwenmarsch sollen Spenden für Ihr Projekt in Kenia gesammelt werden. Was wollen Sie in dem ostafrikanischen Land bewirken?
Das Projekt heißt "Learning Lions". Es liegt in Kenia, im Grenzgebiet zu Äthiopien und dem Südsudan. In dieser nördlichen Ecke Kenias ist es doch sehr anders, als viele das Land vielleicht von Reisen und Safaris kennen. Wir reden von einer Region, in der es keine Infrastruktur, keine Straßen, keine Elektrizität gibt. Von der Entwicklungsstufe ist die Gegend noch 30 bis 40 Jahre zurück im Vergleich zu Kenia um Nairobi herum. Wir wollen mit "Learning Lions" beweisen, dass man selbst dort, wo Menschen noch unter traditionellen Bedingungen leben, etwas aufbauen kann, das den Menschen moderne IT-Karrieren ermöglicht.
Ludwig Prinz von Bayern: So läuft sein Herzensprojekt in Kenia
Wie genau schaut das aus?
Gerade im Moment bauen wir dort einen Campus, auf dem es eine Freelancer-Schule gibt. Man erlernt dort, kreative Dienstleistungen zu erstellen und online zu verkaufen. Gleichzeitig bauen wir dort einen Coworking-Space, damit unsere Ausgebildeten selbstständig weiterarbeiten können - von der hintersten Ecke Kenias für die ganze Welt.
Es ist also eine Investition in die Zukunft und Eigenständigkeit dieser Menschen.
Ja, das Projekt gibt es seit 2015. Wir haben anfangs in kleinen Räumen gearbeitet. Jetzt ist es an der Zeit, einen ganzen Campus zu bauen, damit die Menschen ihr erworbenes Wissen dauerhaft in eigene Arbeit umsetzen können.
Nach fünf Jahren gibt es schon erste Absolventen, oder?
Die Ausbildung dauert ungefähr ein Jahr - nicht jeder ist gleich schnell. Einige sind schon fertig und haben schon eigene kleine Firmen gegründet und bieten im Netz ihre Dienstleistungen an wie Webseiten erstellen oder Logos entwerfen. Einige sind so gut, dass sie damit richtig Geld verdienen. Wir haben Absolventen, die 1.000 Euro oder mehr im Monat verdienen können.
. . . was für kenianische Verhältnisse sehr viel Geld ist.
Das ist dort sehr viel Geld und die Grenze nach oben ist offen. Mit dieser Art von Arbeit kann man sich eine sehr gute Existenz aufbauen.
Ludwig Prinz von Bayern: "Technik ist sehr gut für Mädchen!"

Werden in dem Projekt auch Mädchen und Frauen gefördert?
Wir bauen gerade direkt neben dem Campus mit dem Hilfsverein Nymphenburg und Sternstunden eine digitale Mädchenschule. Damit sie eben nicht erzählt bekommen: Technik sei nichts für Mädchen. Technik ist sehr gut für Mädchen!
Sie sind ein bayerischer Prinz und engagieren sich in Kenia. Wie passt das zusammen? Wo sehen Sie die Verbindung?
Eine Sache, die uns verbindet: In Kenia gibt es Löwen - und wir Bayern lieben Löwen. Sie sind auf dem Wappen zu finden, vor den Schlössern, vor Haustüren. Das ist ein schöner Bezu
Was noch?
Bayern hat es geschafft, seine Kultur zu pflegen und seine Tradition zu behalten und gleichzeitig ein Technologie-Staat zu werden. Das wünsche ich mir auch für diese Region Afrikas. Sie sollen sehen, dass man seine Identität nicht aufgeben muss und trotzdem eine moderne Karriere haben kann. Laptop und Lederhosen ist ein perfektes Exportprodukt für Afrika.
Für die gewanderten Kilometer beim Löwenmarsch sollen Spenden gesammelt werden. Ein Euro pro Kilometer, richtig?
Man darf auch gern mehr spenden. (lacht) Getränke und Essen gibt es für die Teilnehmer umsonst - wir verlangen auch keine Teilnahmegebühr. Stattdessen sollen sie um Spenden werben - bei den Kollegen, der Familie und so weiter.

Ludwig Prinz von Bayern über den Lauf 2019: "Damals waren viele Pilger dabei"
Wofür werden die Gelder konkret verwendet?
Die erste Runde des Campus ist in der finalen Bauphase. Damit ist es aber nicht getan, wir müssen etwa Wohnungen für die Mitarbeiter schaffen. Auch die laufenden Kosten der Ausbildung wie der Lohn für die Lehrer, die Kurse und so weiter müssen gedeckt werden.
Wie viele Teilnehmer haben sich schon angemeldet?
Mehr als 500 werden wir wegen der Corona-Krise nicht zulassen können. Diese Zahl ist bereits erreicht.
Stand die Aktion wegen der Pandemie auf der Kippe?
Ja, wir haben deswegen auch erst sehr spät mit der Werbung für die Veranstaltung angefangen. Der Grund, warum es doch genehmigt werden konnte, ist, dass es dabei nicht um sportlichen Wettbewerb geht. Wir gehen es ganz gemütlich an, es gibt immer die Möglichkeit, Abstand zueinander zu halten. Es gelten ähnliche Regeln wie in der Gastronomie. Der Vorteil ist, dass die Veranstaltung draußen stattfindet. Man wird dennoch andere Menschen kennenlernen können - eben mit 1,5 Meter Abstand.
Man wird also auch mit Ihnen ins Gespräch kommen können?
Im letzten Jahr habe ich viele neue Leute kennengelernt. Es war sehr interessant zu erleben, wer alles mitmarschiert. Damals waren zum Beispiel viele Pilger dabei.
Ludwig Prinz von Bayern: In Kenia "ist es oft gleich existenziell"
So mancher ist vielleicht ein bisserl schüchtern, wenn es um einen Prinzen geht. Wie spricht man Sie denn am besten an?
Das ist jedem selber überlassen. Beim Wandern ist die korrekte Ansprache ohnehin nicht so wichtig, man kommt leicht ins Gespräch. Aber von Herr Bayern bis Königliche Hoheit ist alles in Ordnung. Ich habe nie Wert auf besondere Korrektheit gelegt. Und bei dem Marsch ist mir die Ansprache kurz, prägnant und schnell am liebsten.
Wissen die Menschen in Kenia eigentlich, dass sie es mit einem bayerischen Prinzen zu tun haben?
Manche wissen es. Ich versuche, es nicht so sehr an die große Glocke zu hängen.
Sie waren bis Anfang August noch in Kenia. Können Sie kurz beschreiben, wie es den Menschen dort mit der Corona-Krise ergeht?
Man hat in Afrika natürlich Angst vor Corona. Die Zahlen sind allerdings besser, als wir alle gedacht hätten. Worüber man sich aber große Sorgen machen muss, ist die internationale Wirtschaftslage. Wird die Versorgung in solchen Ländern in Zukunft noch sichergestellt sein? Dazu kommt eine riesige Heuschreckenplage. Ich mache mir schon Sorgen, ob es dort gegen Herbst und Winter Versorgungsengpässe geben wird. Auch die finanzielle Lage der Menschen ist schwierig. Wenn bei uns jemand in der jetzigen Zeit weniger Geld verdient, ist das tragisch. Dort ist es oft gleich existenziell. Es geht nicht darum, ob jemand noch die Miete bezahlen kann, sondern ob man überhaupt noch etwas zu essen hat. Uns muss bewusst sein, dass diese Menschen keine finanziellen Polster haben.
Was werden Sie unmittelbar nach der Wanderung durch das schöne Bayern machen? Spenden zählen? Schlafen? Nach Kenia durchklingeln?
Die Spenden zählen sich automatisch, ich werde daher ganz sicher schlafen. Wenn man 30 bis 35 Stunden wach war, denkt man an nichts anderes mehr als ans Ausruhen.