Polizisten ohne Hosen: Den Bayern geht die Dienstkleidung aus – diese Maßnahme soll helfen

Die Knappheit bei Polizeiuniformen hat ein Nachspiel im Innenausschuss im Landtag. Doch viele Fragen bleiben offen. Müssen Bayerns Beamte mit löchrigen Hosen rumlaufen?
von  Heidi Geyer
Ein Youtube-Video der Polizeigewerkschaft (DPolG) zeigt Polizisten ohne Hosen und soll den eklatanten Mangel an Dienstkleidung bei der bayerischen Polizei anklagen.
Ein Youtube-Video der Polizeigewerkschaft (DPolG) zeigt Polizisten ohne Hosen und soll den eklatanten Mangel an Dienstkleidung bei der bayerischen Polizei anklagen. © dpa

München - Stell dir vor, Joe Biden kommt nach Bayern und wird am Flughafen München von bayerischen Polizisten begrüßt, die alle unterschiedliche Hemden anhaben. Der eine trägt weiß, der andere trägt blau. Dem einen fehlt eine Mütze, dem andern die Schulterklappen.

Der Polizei in Bayern geht die Dienstkleidung aus: 21 Uniformteile sollen fehlen

Was wie ein schlechter Witz klingt, ist für viele Polizisten in Bayern bittere Realität und beschäftigt nun auch den Innenausschuss im Landtag. Denn es hapert bei der Beschaffung der Dienstkleidung. Als Aprilscherz hat die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) ein Video veröffentlicht, bei dem zwei Polizisten statt mit Diensthose nur in Unterhose unterwegs sind. Laut Gewerkschaft sollen 21 Uniformteile fehlen.

Auf Antrag der SPD-Fraktion hat das Innenministerium am Mittwoch Stellung genommen. Die Gründe für die Probleme seien vielfältig, führte Ministerialrätin Julia Mauthofer aus. Da sei einerseits die Lieferkettenabhängigkeit, die sich durch die Corona-Pandemie wie auch den Ukraine-Krieg verschärft habe. Es liege aber auch an gesetzlichen Vorgaben im Beschaffungsverfahren, so werden Neuausschreibungen notwendig, wenn bestimmte Abnahmegrenzen überschritten sind.

Von der "Mehrzweckhose Sommer" bis hin zu Strickjacken gab Mauthofer den jeweiligen Sachstand an. Ein bisschen zum Schmunzeln ist es schon, wenn in Behördendeutsch die Rede davon ist, dass die Lieferrückstände, "bis auf einige Sondergrößen, zwischenzeitlich abgebaut werden konnten". Zum Teil passte auch die Qualität schlicht nicht, etwa bei Blusen und Hemden – auch dadurch sei es zu einem Rückstand gekommen.

Kleidungs-Engpass bei der Polizei in Bayern: Die Gewerkschaft hat andere Infos

Jürgen Köhnlein, Landesvorsitzender der DPolG bestätigt im Gespräch mit der AZ, dass die bayerischen Uniformen sehr gut seien. "Die Gründe, die das Innenministerium anführt, bestätigen sich bei uns leider nicht", sagt Köhnlein. "Wir hören von Herstellern, die sich an Ausschreibungen beteiligt haben, aber auch von Herstellern, die sich nicht beteiligt haben, dass sie das nicht verstehen können."

Unisono sei die Rückmeldung, dass Corona "durch" sei und auch wegen des Ukraine-Kriegs lägen schon alternative Beschaffungswege vor. Köhnlein wundert sich auch, dass die Bundespolizei ihre Uniformen im Gegensatz zu Bayern rechtzeitig bekomme. Wer gepennt habe, kann auch Köhnlein nicht beantworten.

Es klingt schon so, als sei sich das Innenministerium der Dringlichkeit bewusst. "Höchste Priorität" habe die Bereitstellung der Dienstkleidung, man stehe "in ständigem Austausch mit dem Bezugspartner". Derzeit bezieht Bayern vom Logistikzentrum Niedersachsen die Uniformen. Die Polizisten erhalten zu ihrem Gehalt einen Zuschuss für Dienstkleidung und können dann selbstständig online im Shop des Zentrums einkaufen.

Weg aus Niedersachsen, rein nach Bayern

Künftig wird diese Dienstleistung jedoch wieder neudeutsch "ingesourct", das heißt, der Freistaat will den Kauf künftig selbst abwickeln. Das Innenministerium hofft so auf eine Verbesserung, momentan wird das Logistikzentrum Bayern der Polizei aufgebaut. Derzeit sind dort 21 Mitarbeiter beschäftigt, bis 2027 soll laut Innenministerium die Bestellung von Dienstkleidung dort abgewickelt werden. Der Vorteil laut Mauthofer: Nicht über ein Dreieck, sondern direkt mit dem Lieferanten werde verhandelt.

Die Kehrseite sei vermutlich, dass Bayern kein Premiumpartner mehr beim Logistikzentrum Niedersachsen sei, meint Köhnlein. Nachvollziehbar sei das, wenn ein Kunde weggehe und womöglich später sogar Konkurrent werde. Warum es bei der Bundespolizei klappt, in Bayern nicht, erfährt man am Mittwoch im Landtag nicht. Auch die Nachfragen fallen äußerst zahm aus.

Bayerische Landtagsabgeordnete verschenkt Blusen

Die einzige Frau im Innenausschuss, kennt das Problem sehr gut. Denn die SPD-Abgeordnete Christiane Feichtmeier war in ihrer vorherigen Tätigkeit ebenfalls Polizistin. "Ich selbst hab' mir auch Sachen bestellt, die ich nicht mehr bekommen habe", sagt Feichtmeier der AZ und ergänzt: "Hose und Hemden oder Blusen sind halt Sachen, die man täglich trägt." Man wisse eben nie, was an einem Tag im Dienst passiere, insofern brauche man immer eine auf Reserve.

Denn als Polizist könne es schon mal vorkommen, dass Erbrochenes, Blut oder Spucke auf der eigenen Uniform lande. Als Abgeordnete braucht Feichtmeier keine Uniform: "Als ich gegangen bin, haben meine Kolleginnen dankend meine guten Teile aufgenommen."

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