Polizei wegen Nürnberger Neonazi-Fackelmarsch in der Kritik

Der Aufmarsch von Rechtsextremisten auf dem ehemaligen NS-Reichsparteitagsgelände hat ein politisches Nachspiel ausgelöst. Wie umgehen mit derartigen Inszenierungen an diesem Ort?
dpa |
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Nürnberg (dpa/lby) - Der Fackelmarsch von Neonazis auf dem ehemaligen NS-Reichsparteitagsgelände in Nürnberg fand unter Polizeibeobachtung statt. Zwei zivile Beamte haben nach Polizeiangaben die weitere Beobachtung der Rechtsextremisten übernommen, nachdem diese am Samstagabend von einer Flüchtlingsunterkunft in Nürnberg-Langwasser abgewandert und mit brennenden Fackeln zu dem einstigen Aufmarschgelände der NSDAP gezogen waren. Dort posierten sie auch auf der Zeppelintribüne, von der in den 1930er Jahren Adolf Hitler gesprochen hatte.

Ein unmittelbares Eingreifen sei aus Gründen des Eigenschutzes der Beamten "taktisch nicht zielführend" gewesen, erklärte ein Polizeisprecher. Bereits zuvor hatte die Polizei eingeräumt, den Fortgang des Geschehens nicht ausreichend erkannt zu haben und bedauert, "dass eine rechtsgerichtete Gruppierung den historisch belasteten Ort für ihre Propagandazwecke missbrauchte".

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, nannte den Aufmarsch eine "unerträgliche Provokation". Die Neonazis hätten an dem Abend weiter im Blick behalten werden müssen. Da die Beteiligten der Polizei bekannt sein müssten, sollten sie zur Verantwortung gezogen werden. "Es geht nicht darum, einzelne Polizisten an den Pranger zu stellen, sondern solche Aufmärsche künftig zu verhindern. Dies war schließlich nicht der erste Vorfall dieser Art in Nürnberg", mahnte Schuster.

Der Vorfall löste eine Debatte über den Umgang mit der neuen Dimension rechtsextremer Aktionen aus. Die aus Nürnberg stammende Grünen-Landtagsabgeordnete Verena Osgyan verlangte im Gespräch mit den "Nürnberger Nachrichten" (Donnerstag) ein Präventionskonzept, "das diesen Täterort für derlei Verhöhnung der Opfer des NS-Staates unbrauchbar macht". Die Stadt Nürnberg leitete ein Bußgeldverfahren gegen die Organisatoren ein, weil die Versammlung nicht angemeldet war. Die Staatsanwaltschaft prüft, ob der Tatbestand der Volksverhetzung gegeben ist.

Der SPD-Landtagsabgeordnete Florian Ritter sagte, die Fackeln hätten bei der Identitätsfeststellung der Rechtsextremisten eingezogen werden müssen. "Die Gruppe dann mit Fackeln früh am Abend einfach abziehen zu lassen, ohne die nötigen Kräfte für ein erneutes Einschreiten vorzuhalten, ist grob fahrlässig." Auf diese Weise entstehe der Eindruck, dass die Polizei Aufmärsche von Neonazis auf die leichte Schulter nehme.

Innenminister Joachim Herrmann (CSU) bezeichnete den Polizeieinsatz im Bayerischen Rundfunk (BR) als "nicht sehr glücklich". Dass sich Neonazis an diesem Ort inszenierten, sei "völlig indiskutabel" und müsse in Zukunft strikt unterbunden werden. Auf die Frage, ob das einstige Reichsparteitagsgelände videoüberwacht werden soll, verwies Herrmann auf die Stadt Nürnberg. Es werde an einem Konzept für den als Mahnmal der NS-Geschichte gedachten Ort gearbeitet. Die Stadt müsse aber überlegen, ob der Zugang zu der Tribüne beschränkt werden soll.

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