Polizei-Fehler: Erdinger Frauenarzt freigesprochen

Im Zweifel für den Angeklagten. Das Landgericht Landshut hat einen 55-jährigen Frauenarzt aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Er war angeklagt, seine Frau getötet zu haben. Doch die Polizei habe geschlampt.
dpa |
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Michael B. im Landshuter Landgericht.
dpa Michael B. im Landshuter Landgericht.

Landshut – Gut ein Jahr nach dem gewaltsamen Tod einer 60-jährigen Frau ist am Montag ihr Ehemann, ein Frauenarzt aus Erding, vom Vorwurf des Totschlags freigesprochen worden. Nach Ansicht des Landgerichts Landshut ist nicht zweifelsfrei erwiesen, dass der 55-jährige Mediziner im Dezember 2013 seine Frau im gemeinsamen Haus in Erding zuerst verprügelt und dann erwürgt hatte.

Zwar sei der Angeklagte nach wie vor tatverdächtig, aber auch ein anderer Täter könne nicht ausgeschlossen werden. Für eine Verurteilung hätte es handfesterer Beweise bedurft, die allerdings nicht vorlagen. Laut der Vorsitzenden Richterin unterliefen der Polizei gravierende Fehler, zum Beispiel wurden Spuren unsachgemäß oder gar nicht gesichert.

Der Angeklagte atmete erleichtert auf, als das Urteil verkündet wurde. Danach lag er seiner Tochter minutenlang in den Armen. 410 Tage saß der renommierte Frauenarzt in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft wollte ihn für 14 Jahre hinter Gitter sehen, die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert.

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Der Prozess gestaltete sich von Anfang an schwierig, da weder Tatzeugen noch ein Geständnis vorlagen. Die Folge war ein langwieriger Indizienprozess. An der Leiche der Frau zählten die Rechtsmediziner mehr als 100 Hämatome und mehrere Rippenbrüche. Mindestens 30 Faustschläge hatte die Frau im Dezember 2013 erlitten, ehe der Täter sie zehn Minuten lang würgte und schließlich erstickte. Die Anklage hielt den Ehemann für den Täter. Das Motiv: Erbstreitigkeiten nach dem Tod der Mutter des Angeklagten sowie Konflikte zwischen dem Ehepaar wegen der Alkoholprobleme des Opfers. Der 55-Jährige sprach in seiner Aussage dagegen von einer harmonischen Ehe und beteuerte, es habe auch niemals Streit gegeben.

Skeptisch äußerte sich am Montag das Gericht: "Die Schwurgerichtskammer hat nicht Ihre Unschuld festgestellt", gab die Vorsitzende Richterin dem Mann nach 19 Verhandlungstagen noch mit auf den Weg. Vielmehr habe man ihm die Tat nicht nachweisen können, obwohl es Anhaltspunkte gibt. Beispielsweise wurden an seiner Brille Blutspuren der Frau gesichert. "Wir haben aber keine eindeutigen Indizien", sagte die Vorsitzende Richterin, die in der Urteilsbegründung keinen Zweifel daran ließ, wer diesen Freispruch mit zu verantworten habe: die ermittelnden Beamten.

Die Arbeitsweise und das Verhalten der Polizisten mache die Schwurgerichtskammer "betroffen", so die Vorsitzende Richterin, die eine Reihe von Pannen aufzählte. "In der Küche sind viele Spuren vernichtet statt gesichert worden." Auch sei die Tote noch vor der Durchführung der Leichenschau, aber in Anwesenheit der Beamten bewegt worden. Hinzu komme noch die schlechte Ausstattung der Beamten. Statt mit einem Thermometer aus Quecksilber habe man den Todeszeitpunkt der 60-Jährigen mit einem handelsüblichen Fleischthermometer ermittelt.

 

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