Polizei fahndet per Algorithmus
München - Blöd gelaufen. Jedenfalls für einen Einbrecher, der zusammen mit seinem Komplizen in ein Haus in Freising eingestiegen war. Sie hatten einen Tresor geklaut und ein iPad – und waren geschickt dabei vorgegangen. Die Polizei konnte den Fall nicht klären. Bis zu jenem Tag, an dem der Einbrecher heiratete. "Das Opfer aus Freising meldete sich Monate später bei uns, weil in seiner iCloud plötzlich fremde Hochzeitsfotos aufgetaucht waren", erzählt Bernhard Egger, leitender Kriminaldirektor am Bayerischen Landeskriminalamt (LKA), zuständig für Personenfahndung und biometrische Gesichtserkennung.
Ein Abgleich der Hochzeitsfotos mit Datenbanken der Polizei brachte den Treffer: Der Bräutigam konnte identifiziert werden und später als Mittäter überführt.
Videoüberwachung verbreitet sich rasant
Seit 15 Jahren schon beschäftigt sich das LKA mit der Methode, Menschen anhand von digitalen Fotos zu identifizieren. Seitdem werden nicht nur die technischen Möglichkeiten immer ausgefeilter, auch die Videoüberwachung verbreitet sich rasant – besonders im gewerblichen und privaten Bereich.
"Die Wahrscheinlichkeit, dass Straftäter bei ihrer Tat aufgezeichnet werden, wird so immer höher", betonte Innenminister Joachim Herrmann (CSU) gestern in München. Daher baut sein Ministerium nun auch die biometrische Gesichtserkennung weiter aus: Seit Oktober testet das LKA im Pilotversuch eine neue Software, um länderübergreifende Datenbanken mit Hilfe einer intelligenten Video- und Bildauswertung noch schneller und genauer durchsuchen zu können.
Für den Abgleich wird ein Algorithmus gebildet, der nach unveränderlichen oder sich nur langsam verändern Merkmalen im Gesicht sucht. "Wie beispielsweise der Abstand der Augen oder der Wangenknochen", sagt Egger. Daraus wird ein dann Muster errechnet, welches als mathematischer Wert hinterlegt und abgeglichen wird.
Es geht auch um wirtschaftliche Zwecke
In der freien Wirtschaft hat sich die Software offenbar schon bewährt: "Unterschiedliche Firmen haben sie bereits im Einsatz", so Egger. Unter anderem am Flughafen. "Dort wird zum Beispiel geguckt, wer geht von Terminal A zu Terminal B und auf welchem Weg, an welchem Geschäft bleibt er stehen und wie lange und in welches geht er hinein." Dabei gehe es vor allem um wirtschaftliche Zwecke.
In seiner Behörde müssten aber trotzdem noch speziell geschulte Kräfte ran, sagt Egger. "Wenn wir ein Bild abgleichen, werden uns mehrere mögliche Treffer angezeigt. Ein Mitarbeiter prüft das dann im Detail." Sprich: Er sucht nach Individualmerkmalen wie Nasenflügel, Ohren, Gesichtsform.
Derzeit führt etwa jede Hundertste Suchanfrage zu einer Identifikation. Und schon bald könnten es mehr sein: Bilder, die durch Überwachungskameras hinterlassen werden, sind heute genauso eine Spur wie Fingerabdrücke und DNA, die auch Jahre später noch abgeglichen werden können. "Die Algorithmen sind selbstlernend und werden sich noch dramatisch verbessern", sagt Egger.
Durch die Digitalisierung sei viel krimineller Raum entstanden. "Und hier haben wir mal was, das uns sehr hilft. Und von dem ich mir für die Zukunft sehr, sehr viel verspreche."
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