Polizei-Chaos in Nürnberg: Greift jetzt Innenminister ein?
Streit in der Chefetage des Präsidiums. Gerhard Hauptmannl und sein Vize Walter Kimmelzwinger liegen im Clinch.
NÜRNBERG Am 31. August 2010 könnte Mittelfrankens Polizeipräsident Gerhard Hauptmannl in die wohl verdiente Pension gehen. Doch dem 63-Jährigen schwebt die bereits dritte Verlängerung seines Dienstes vor – er möchte noch ein weiteres Jahr Chef der rund 4000 mittelfränkischen Polizisten sein. Ein Jahr mehr also, das sein Vize Walter Kimmelzwinger für den Posten abwarten müsste. Doch ob er den überhaupt bekommt, ist ungewiss, obwohl der 55-Jährige jahrelang als natürlicher Nachfolger galt.
Es ist nicht das eigentliche Problem, dass sich Hauptmannl und Kimmelzwinger seit langem spinnefeind sind. Jeder hat ein Lager um sich geschart, jeder lässt, mittlerweile auch relativ offen, am anderen kein gutes Haar. Es ist vielmehr die Informationspolitik, die die verschiedenen Lager betreiben.
Der Innenminister ist sauer
So wurde vor einigen Wochen dieses Skandälchen lanciert: Kimmelzwinger ist mit Tempo 140 geblitzt worden, erlaubt waren 70. Nicht so sehr wegen des Tempoverstoßes ist Innenminister Joachim Herrmann stinksauer, wie Insider beobachten konnten. Es war das Leck im Apparat, die Indiskretion, die ihn so auf die Palme brachte. Und dass ein Lager daran interessiert ist, das andere öffentlich madig zu machen.
Präsident Hauptmannl erfuhr erst vier Tage nach der Raserfahrt vom Bleifuß seines Stellvertreters. Und Medien wurden erst dann offiziell informiert, als denen bereits aus anderen Quellen die Blitz-Geschichte zugeraunt wurde.
Hauptmannl ist seit September 2002 Mittelfrankens oberster Polizist. In den nächsten Wochen muss über seinen Präsidenten-Posten in Mittelfranken entschieden werden. Hauptsächlich tun das Innenminister Herrmann und Landespolizeipräsident Waldemar Kindler. Der hat allerdings schon festgehalten: Einen Automatismus, dass der Vize nachrückt, gibt es mit ihm nicht.
Es werden viele Stellen frei
Es ist aber nach wie vor nicht ausgeschlossen, dass Kimmelzwinger das Ruder übernehmen könnte – wenn nicht die Querelen im Vorfeld ihm richtig das Bein gestellt haben.
Da in diesem Jahr nicht nur die reguläre Amtszeit für Hauptmannl, sondern auch für seine Präsidenten-Kollegen in Oberfranken, Schwaben, Oberbayern-Süd (Rosenheim) und bei der Bereitschaftspolizei in Bamberg ablaufen, wollen Herrmann und Kindler ein neues Gesamtkonzept für Bayern entwickeln. Und dabei könnte es sein, dass Kimmelzwinger ein anderer Posten angeboten wird, zum Beispiel in Oberfranken. Die Stelle wird ab September frei.
Der Präsident dort verdient allerdings weniger: Bei 6926 Euro liegt das Grundgehalt, 400 Euro mehr, als Kimmelzwinger jetzt hat. In Nürnberg beträgt das präsidiale Grundgehalt rund 7300 Euro.
Kimmelzwinger gilt als CSU-nah
Das hätte Hauptmannl gerne noch ein Jahr länger. Der Antrag ist noch nicht bearbeitet, es sickerte aber durch, dass ihm tatsächlich eine Verlängerung gewährt werden könnte – allerdings nur über wenige Monate. Ist das ein Indiz dafür, Kimmelzwinger auf einen Chefposten außerhalb Mittelfrankens zu heben und erst einmal einen neuen Vize zu installieren, um danach einen anderen Präsidenten zu suchen?
Klar ist: Kimmelzwinger keinen Präsidentenposten zu geben, wäre ein glatter Affront. Zu lange schon ist er der Vize. Und der oft kritisierte Umstand, er sei ein reines Nürnberger Gewächs und habe kaum über den fränkischen Tellerrand rausgeschaut, kann auch zu seinen Gunsten ausgelegt werden. Denn hier im Präsidium hat der CSU-nahe Jurist an vielen Stellen wertvolle Erfahrungen sammeln können: als juristischer Sachbearbeiter, Leiter Versorgung, als Vize-Direktionschef oder als Vizepräsident.
Einige im Präsidium, die ständig zwischen den Fronten Hauptmannl/Kimmelzwinger standen, dürften aufatmen, dass sich in den nächsten Wochen etwas bewegen wird – egal, in welche Richtung. Und vielleicht erfreut sich Minister Herrmann bei der nächsten Volksfest-Eröffnung am Dutzendteich an diesem Bild: Der Präsident und der Vize sitzen einträchtig an einem Biertisch zusammen. Das gab’s nämlich lange nicht mehr.. Susanne Will
- Themen:
- Joachim Herrmann