Polizei befreit 20-Jährigen aus dem elterlichen Hausarrest

AUGSBURG - Dieser Einsatz war auch für die Augsburger Polizei eine Premiere: Am späten Mittwochabend befreite sie einen 20-jähriger Mann aus dem elterlichem Hausarrest. Den Eltern droht jetzt ein Strafverfahren: Denn Hausarrest in einem abgeschlossenen Raum erfüllt den Tatbestand der Freiheitsberaubung.
Der verzweifelte Notruf erreichte die Einsatzzentrale der Augsburger Polizei am späten Mittwochabend: Ein 20-Jähriger bat die Polizei um Hilfe, weil er von seinen Eltern gegen seinen Willen eingesperrt und seiner Freiheit beraubt worden sei. Daraufhin fuhr eine Polizeistreife zu dem Haus der Eltern und befreite den jungen Mann aus seinem Hausarrest. Zugleich gelang es den Beamten offenbar, die verärgerten Eltern zu beruhigen. Denn die elterliche Freiheitsberaubung hatte eine Vorgeschichte.
Der Sohn hatte im Casino Geld der Eltern verzockt
Auf hartnäckiges Nachfragen kamen dann die Hintergründe des Hausarrests ans Licht. Bei einem Spielcasinobesuch hatte der 20-Jährige offenbar Geld der Eltern verzockt. Als die Eltern das Ergebnis des Casino-Besuchs auf ihren Kontoauszügen entdeckten, schlossen sie den Sohn als "erzieherische Maßregel" kurzerhand in sein Zimmer ein. Wie der 20-Jährige Zugriff auf das Konto bekam, blieb zunächst unklar, ebenso die Höhe der Summe, die der junge Mann im Spielcasino verzockt hat.
Den Eltern droht jetzt ein Strafverfahren wegen Freiheitsberaubung
Ob der Familienstreit ein juristisches Nachspiel haben wird, kann die Polizei derzeit noch nicht beantworten. Zur endgültigen Bewertung der elterlichen Strafmaßnahme könnten noch weitere Befragungen und Informationen nötig sein. "Vom strafrechtlichen Gesichtspunkt aus betrachtet, besteht auf jeden Fall der Verdacht auf Freiheitsberaubung", erklärte ein Sprecher der Augsburger Einsatzleitung gegenüber der AZ.
Warum Einsperren keine Erziehungsmaßnahme ist
Alle Menschen besitzen ein Grundrecht auf Selbstbestimmung - das entsprechende Rechtsgut betrifft die "Freiheit der Person". Ihre Bewegungsfreiheit wird deshalb vom Gesetzgeber geschützt: "Sobald eine Person in ein Zimmer eingesperrt wird und sich nicht mehr frei bewegen kann, liegt eine Freiheitsberaubung vor", so der Polizeisprecher. Da es sich bei diesem Straftatbestand um ein so genanntes Offizialsdelikt handelt, kann die Polizei auch ohne Anzeige des Betroffenen ermitteln. Das Strafmaß für eine Freiheitsberaubung beträgt bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe. Der Tatbestand muss allerdings vorsätzlich verwirklicht werden, die fahrlässige Begehung ist nicht strafbar. Eltern können aus dieser Geschichte lernen: Ein Hausarrest, bei dem Kinder faktisch in einem Raum eingeschlossen werden, kann man in Zukunft nicht mehr salopp als drastische erzieherische Maßnahme entschuldigen. Denn es handelt sich dabei um einen Straftatbestand. Für manche Kinder und Jugendliche könnte das eine gute Nachricht sein: Sie müssen hoffentlich solche Misshandlungen in Zukunft nicht mehr erdulden.
dpa/mb