Pistole der Tante brachte Neffen vor den Kadi

Ein bislang unbescholtener Nürnberger (71) erbte eine Luger- Pistole, hatte aber keinen Waffenschein. Richter Bernd Kirchhof: "Wir sind hier nicht in Amerika"
NÜRNBERG 71 Jahre lang hat er ein tadelfreies Leben geführt – eine Erbschaft brachte den Nürnberger Hans B. (71, Name geändert) gestern erstmals vor Gericht. Der frühere Geschäftsmann besaß plötzlich eine Luger–Pistole, hatte aber keinen Waffenschein.
„Es war doch ein Erinnerungsstück an die verstorbene Tante“, erklärte der weißhaarige Angeklagte. „Und die hat es von ihrem Gatten übernommen.“ Gut 100 Jahre sei die Waffe im Besitz der Familie gewesen. Die Parabellum-Pistole 08 (Kaliber 9 mm) wurde 1904 durch kaiserliche Order als Dienstpistole für Offiziere eingeführt und beim Nahkampf in beiden Weltkriegen eingesetzt. Hans B. hat die Luger sogar beim Ordnungsamt angemeldet, erhielt eine vorläufige Waffenbesitzkarte für zwei Monate. In der Zeit sollte er sie verkaufen, was er nicht schaffte. „Ich wollte mir die Waffe nicht einfach nehmen lassen, die ist unter Sammlern 4000 Euro wert“, erklärte er. „Aber ich konnte mich nicht groß drum kümmern, weil ich schweres Rheuma bekam.“ Was eine Arzt bescheinigte.
Es nützte nichts. Das beschlagnahmte Stück mit dem extra langen Lauf gehört jetzt dem Staat. Und der „uneinsichtige“ Angeklagte wurde von Richter Bernd Kirchhof wegen unerlaubten Waffenbesitzes zu sechs Monaten Bewährungsstrafe (dem Mindestsatz) und 1000 Euro Buße verurteilt. Mit der Begründung: „Bei uns ist Waffenbesitz genau geregelt, wir sind hier nicht in Amerika.“
cis