Pfaffenhofen: Elfjährige stirbt an der Wildwasserbahn

PFAFFENHOFEN/MÜNCHEN - Christine T. (11) stürzt auf dem Volksfest in Pfaffenhofen an der Ilm von der Wildwasserbahn und stirbt wenige Stunden später in der Klinik. Der Unfall zeigt: Fahrgeschäfte sind trotz aller Kontrollen riskant. Auch auf dem Oktoberfest.
Christine ist am Sonntag allein auf dem Pfaffenhofener Volksfest unterwegs – und das ziemlich lang. Im Bierzelt wundern sich ihre Mutter und deren Freund – und sagen zu Freunden: „Wo bleibt sie denn? Sie wird doch nicht aus der Wildwasserbahn gefallen sein.“ Dieser Satz wird schnell furchtbare Wirklichkeit, in jenem Moment liegt Christine mit schwersten Verletzungen auf dem Asphalt hinter der ildwasserbahn. Gegen 16.30 Uhr ist sie aus einem Waggon gestürzt. Kurz vor 20 Uhr stirbt Christine (11) im Schwabinger Krankenhaus.
Warum die Schülerin aus Reichertshofen aus zehn Metern Höhe stürzte, ist unklar. Ein Zeuge sagte der Ingolstädter Polizei, sie sei am höchsten Punkt der Bahn aufgestanden. Die Polizei prüft das. Die Staatsanwaltschaft schickte einen Gutachter zum Volksfest. Er soll untersuchen, ob ein technischer Defekt vorlag oder ob die Betreiber Bestimmungen missachteten.
Dafür spricht bis jetzt wenig: Der Tüv hatte die Bahn abgenommen. Laut Betreiber Peter Bergmann ist auf der 1996 gebauten Bahn nie etwas passiert. Auch Christines Eltern trifft keine Schuld: Kinder ab acht Jahren dürfen alleine fahren. Klappbügel oder Sicherheitsgurte haben die Wildwasser-Gondeln aber nicht. „Man kann sich nur an zwei Bügeln an den Außenseiten festhalten“, sagte Polizeisprecherin Michaela Grob.
Keine Musik, keine Misswahl - und 15 Minuten keine Fahrgeschäfte
Mit Christines Tod ist auch die Fröhlichkeit in Pfaffenhofen verschwunden. Die Wahl zur Volksfestkönigin wurde auf den 10. September verschoben. Um 18 Uhr hielt Pfaffenhofens Bürgermeister Thomas Herker eine kurze Rede, ab 18.30 Uhr standen alle Fahrgeschäfte für eine Viertelstunde still. In den Zelten wurde keine Musik gespielt.
Erst im April stand die Wildwasserbahn Bergmann-Dölle auf dem Münchner Frühlingsfest. „Der Unfall ist einmalig“, sagt Schausteller Thomas Meyer, der mit seiner Wildwasserbahn auf der Wiesn gastiert. Das Fahrgeschäft sei ungefährlich, „wegen der langsamen Fahrt und weil durch Fliehkräfte niemand aus der Gondel geschleudert wird. Da kann man nicht fallen, man muss schon aufstehen.“
Trotzdem: Unfälle auf Volksfesten passieren immer wieder – auch auf geprüften Fahrgeschäften. Ende April löste sich in Paderborn die Gondel eines Karussells, eine 69-Jährige wurde schwer verletzt. Am 12. Juli flogen in Lamstedt in Niedersachsen zwei Kinder (5 und 6) vom Kinderkarussell – wegen lockerer Schrauben. Auf dem Neumarkter Volksfest rutschte am 15. August eine Frau (23) in voller Fahrt unter den Sicherheitsbügel des Kettenkarussells. Sie kam schwer verletzt in die Klinik. Drei Tage später stürzte dort ein Betrunkener vom Riesenrad, brach sich die Hand und einen Arm. Weniger Glück hatte der elfjährige Roy in Berlin: Er hörte in der „Wilden Maus“ plötzlich auf zu atmen – und starb. Laut Staatsanwaltschaft und Tüv traf den Münchner Betreiber aber keine Schuld.
In München darf der umstrittene "Tower" auf die Wiesn
Seit vergangener Woche prüft der Tüv auch die Fahrgeschäfte auf dem Oktoberfest – besonders im Fokus stand dabei der „Tower“ des Schaustellers Charles Blume: Die 35 Meter hohen Doppeltürme sollen bei starkem Wind schwanken und könnten sogar kippen (AZ berichtete). „Die Anlage ist ein Prototyp“, sagt Blume, „es ist normal, dass sie vom Tüv intensiv geprüft wird“.
Montagmittag bekam Blume das Gutachten. „Mir ist wirklich ein Stein vom Herzen gefallen“, sagt er. Geländerhöhen, Fluchtwege, Treppen und Verstärkungen müssten zwar nachgerüstet werden, doch die Stadt hat gestern bestätigt: „Der Tower kommt auf die Wiesn.“
T. Gautier, A. K. Koophamel