"Pensum geht an die Substanz“

NÜRNBERG - Ania Rösler, die Kapitänin der Club-Handballerinnen, spricht im großen AZ-Interview über den knappen Kader, Reisestress, ihren Trainer, die Champions League und das Saisonziel.
Die Club-Handballerinas sind weiter auf Schlingerkurs. Nach dem 38:29-Pokalschützenfest gegen Markranstädt setzte es am Sonntag gegen Krim Ljubljana trotz zwischenzeitlichem fünf-Tore-Polster eine ärgerliche Pleite (25:19) im ersten Champions League-Spiel. Der Club stellt die beste Abwehr der Liga - und belegt doch nur Tabellenplatz acht. In der AZ berichtet Chef-Handballerina Ania Rösler, warum der Deutsche Meister trotzdem „voll im Soll“ ist, und weshalb das Schlaraffenland im dänischen Viborg zu finden ist.
AZ: Frau Rösler, ist der Ärger nach dem verpatzten Auftakt in der Champions League schon verraucht? ANIA RÖSLER: Betrachtet man den Spielverlauf, ist die Niederlage enttäuschend. Den Bruch im Spiel kann ich mir nicht erklären, wir haben die Chance auf den Sieg weggeworfen. Eine ordentliche Leistung reicht nicht, um in der Königsklasse zu gewinnen.
Woran lag’s denn? Die Halbzeitpause kam genau im falschen Moment. Im ersten Durchgang sind wir schön ins Rollen gekommen. Ob wir so gut waren, oder Ljubljana schlecht, kann ich nicht beurteilen. Aber in der Halbzeit haben sie sich gefangen, und wir konnten den finalen Pass nicht mehr anbringen.
Als nächstes steht die Auswärtspartie beim dänischen Meister in Viborg auf dem Plan, bei denen auch die deutsche Spielführerin Grit Jurack unter Vertrag steht. Dieses Spiel muss man realistisch betrachten. Viborg ist die beste Vereinsmannschaft der Welt, und mit Sicherheit der Titelfavorit. Diese Mannschaft ist gespickt mit gestandenen Nationalspielerinnen, die haben sogar welche auf der Tribüne sitzen. Von solchen Verhältnissen können wir hier nur träumen, das ist utopisch.
Wie kraftraubend ist solch eine weite Reise? Es ist anstrengender, als man glaubt. Vom Zug in den Flieger, dann in den Bus, Gepäck rein, Gepäck raus - und dazu die Warterei. Von der wenigen Energie, die wir haben, müssen wir so auch noch etwas abzwacken.
Hört sich an, als könntet ihr eine Pause vertragen. Es geht einfach an die Substanz, vor allem für diejenigen, die schon letzte Saison ein hartes Pensum bestreiten mussten. Die Wehwehchen machen sich bemerkbar, und der Trainer muss sich oft etwas einfallen lassen, damit überhaupt ein intensives Training zustande kommt.
Apropos Trainer: Wie macht sich der „Neue“, Csaba Szücs, an der Seitenlinie? Wir haben ein sehr offenes Verhältnis, kommen sehr gut miteinander klar. Er hat ein Gespür für unsere Bedürfnisse, schließlich war er selbst ein erfolgreicher Sportler.
Weniger offen war das Verhältnis vor der Saison zum Vorstand. Das war tatsächlich eine schwierige Phase, in der wir als Mannschaft oft vor vollendete Tatsachen gestellt wurden. Aber auch das hat sich gebessert, der Verein ist bemüht, sich mit den kleineren Kritikpunkten, die es immer gibt, auseinander zu setzen. Und das Geld kommt auch pünktlich.
Seit kurzem arbeitet ihr mit dem Mentaltrainer Walter Rotter zusammen. Das ist Neuland für uns. Klar, es ist gewöhnungsbedürftig, aber es kann viel bewirken, wenn man daran glaubt.
Wie geht’s in der Liga weiter? Unser Ziel ist ein Playoff-Platz, und der ist nur drei Punkte weg. Wir sind eigentlich voll im Soll, aber das mussten wir uns erst einmal bewusst machen. Interview: M.Kolonic