Paukenschlag im Hanna-Prozess: Hauptzeugin verweigert auf einmal Aussage

Ihr soll der Angeklagte Täterwissen offenbart und den Mord gestanden haben: Vor Gericht will Verena. R. dann plötzlich nicht mehr aussagen. Die AZ hat die Hintergründe.
Heidi Geyer |
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Die Zeugin Verena R. bei ihrem kurzen Auftritt vor Gericht.
Die Zeugin Verena R. bei ihrem kurzen Auftritt vor Gericht. © Foto: Geyer

Traunstein/Aschau - Der 17. Prozesstag war ein kurzer. Denn die Hauptbelastungszeugin Verena R., der der Angeklagte Sebastian T. schon früh Täterwissen offenbart haben und später die Tat sogar gestanden haben soll, sagte nicht aus. Sie berief sich darauf, dass sie sich selbst belasten könnte.

Schon zweimal hatte R. ausgesagt. Einmal musste sie abbrechen, weil sie psychisch nicht mehr in der Lage war, teilzunehmen. Unter Tränen antwortete sie auf Fragen, teilweise schwieg sie minutenlang. Offenbar war die Belastung ihren engen Freund Sebastian T. auf der Anklagebank zu sehen, zu hoch gewesen.

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In einem zweiten Termin sagte sie jedoch in einer Videoschalte aus. Nachdem die Vorsitzende Richterin Jacqueline Aßbichler sie aufgefordert hatte, "ihre Hausaufgaben" zu machen, sprudelte es nur aus Verena R. heraus.

Prozess im Mordfall Hanna: Lügt die Zeugin? 

Doch es gibt Widersprüche in ihren Schilderungen. Hat sie sich wirklich am 3. Oktober am Parkplatz vor dem Eiskeller getroffen, oder war es erst der 4. Oktober? Die Geodaten ihres Handys dazu sind nicht eindeutig. Auch auf Überwachungskameras kann nicht genau festgestellt werden, wann R. sich mit dem Angeklagten getroffen hat.

Wäre es so, und stimmt ihre ursprüngliche Version, hätte T. ihr Tatsachen offenbart, die nur der Täter wissen kann. Denn zu dem Zeitpunkt wussten weder Hannas Eltern noch die Medien, dass eine Frau, die im Eiskeller gewesen war, tot aufgefunden worden ist.  Auffällig: Verena R. ist ebenfalls laut eigener Aussage von T. mit einem Messer bedroht worden. War das nur ein schlechter Scherz oder Ernst?

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Die Zeugin berief sich nun auf den Paragrafen 55 der Strafprozessordnung. Dieser besagt, dass man nicht aussagen muss, wenn man dadurch Gefahr läuft, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden. Was der konkrete Grund für R. ist, bleibt unklar. Hat Sie in einem zentralen Anklagepunkt gelogen? Schließlich wurde vor Gericht eine WhatsApp-Nachricht publik, in der sie davon spricht, sie habe "den T. fett entlastet". Oder geht es um Punkte, die möglicherweise gar nicht relevant für die Schuldfrage sind?

Ohne Mutter keine Meldung, ohne Freundin kein Verdacht

De facto wäre T. ohne die Aussage von R. gar nicht von Zeugen zum Verdächtigen geworden. Weil T. aber in jener Nacht joggen war und seine Mutter dies der Polizei gemeldet hatte, wurde auch sein Umfeld befragt. So kam man auf die Zeugin R. und der Verdacht verdichtete sich.

Nun will das Gericht prüfen, ob das Video von ihren ersten Vernehmungen bei der Polizei gezeigt werden darf. Aus Sicht der Verteidigung des Angeklagten ist das unzulässig – sie hat bereits angekündigt, im Falle des Falles einen Erhebungs- und Verwertungswiderspruch zu stellen. In Bezug auf welche Details R. gelogen hat, ist unklar.

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Werden Informationen zurückgehalten? 

Wahlverteidigerin Regina Rick, die erst vor Kurzem von der Familie des Angeklagten engagiert wurde, pochte vor Gericht wieder einmal darauf, alle Akten zu bekommen. So sei etwa die Handyauswertung von T. im Gegensatz zu anderen Spuren sehr knapp gehalten: "Da muss es mehr geben!" Das wiederum wollte sich Staatsanwalt Wolfgang Fiedler nicht gefallen lassen.

"Die unterschwelligen Vorwürfe sind angekommen!" Er könne versichern, dass es keinen geheimen Raum gebe, wo Dinge versteckt werden. "Sie kriegen alles, was wir haben, weil es nichts zu verbergen gibt. Sie können das noch zehnmal sagen!", sagte Fiedler entnervt.

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3 Kommentare
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  • Der wahre tscharlie am 06.12.2023 15:36 Uhr / Bewertung:

    In der Robe der Richterin möchte ich auch nicht stecken.
    Die einzige Hauptzeugin verwickelt sich in Widersprüche, möchte jetzt keine Aussage mehr machen, um sich nicht selbst zu belasten und die Aussagen seiner Mitgefangenen werden sowieso mit "Vorbehalt" betrachtet, weil sich Gefangene meist einen Vorteil für ihre eigene Haftstrafe erhoffen.
    Der "Super-Gau" wäre, wenn sich alles als erlogen raustellen würde. Sann würde alles wieder von vorne losgehen.

  • am 05.12.2023 19:42 Uhr / Bewertung:

    Beugehaft!?

  • Geradeaus-Denker am 08.12.2023 15:14 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von

    Die gab's ja nicht mal für den Schmiergeldonkel Kohl

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